Antirepression

Sonntag, 12. Juni 2011

»Juristische Feinarbeit leidet unter Verfolgungswillen«

Die Anklage gegen Inge Viett wegen Billigung von Straftaten erscheint als politisch motivierte Konstruktion. Ein Gespräch mit Sven Richwin
Interview: Claudia Wangerin
Der Berliner Rechtsanwalt Sven Richwin vertritt Inge Viett, der ein Strafprozeß wegen einer Äußerung bei der diesjährigen Rosa-Luxemburg-Konferenz droht

Die Staatsanwaltschaft Berlin hat Anklage gegen Ihre Mandantin Inge Viett wegen Billigung von Straftaten erhoben, was nach Paragraph 140 mit bis zu drei Jahren Haft bestraft werden kann. Es geht um die Aussage »Wenn Deutschland Krieg führt und als Antikriegsaktion Bundeswehrausrüstung abgefackelt wird, dann ist das eine legitime Aktion (…)«. Wie wahrscheinlich ist aus Ihrer Sicht eine Verurteilung wegen einer solchen Meinungsäußerung?
Das »Billigen« im Sinne des § 140 StGB ist nach einhelliger Rechtsprechung der Obergerichte als »nachträgliches Gutheißen einer konkreten Straftat« zu verstehen. Aufgrund der Bedeutung des Grundrechts auf Meinungsfreiheit ist das durchaus restriktiv zu verstehen: Die genaue Angabe von Zeit und Ort ist zwar nicht unbedingt erforderlich, aber das konkrete Ereignis muß sich einem Zuhörer oder Leser schon unmittelbar erschließen. Ein Bezug auf konkrete Anschläge erschließt sich aber aus dem inkriminierten Text nicht. Offensichtlich nicht einmal den Ermittlungsbehörden, die erst einmal ziemlich wahllos diverse Brandanschläge zusammenrecherchierten und einige aus dieser Liste der Anklage beifügten. Derartige »Textergänzungen« sind aber genauso hanebüchen wie der Versuch, einen einzigen Satz aus dem Kontext einer mehrseitigen Rede herauszulösen. Hinzu kommt, daß der Vorbehalt »Wenn Deutschland Krieg führt« nach zur Zeit herrschender Rechtsauffassung gar nicht gegeben ist. Wie so oft bei politischen Prozessen leidet aber die juristische Feinarbeit bei der Staatsanwaltschaft unter dem erklärten Verfolgungswillen.

Könnte rein theoretisch das Widerstandsrecht greifen, wenn von deutschem Boden tatsächlich und offiziell Krieg ausginge, was grundgesetzwidrig ist?
Das Widerstandsrecht des Art 20 IV des Grundgesetzes ist für Fälle gedacht, in denen die grundlegenden Prinzipien des Grundgesetzes strukturell beseitigt werden sollten, etwa in Form eines Ermächtigungsgesetzes. Ob dies im Fall eines »offiziellen« Krieges der Bundesrepublik Deutschland quasi als »Ende einer Zivilverfassung« einschlägig wäre, wird ja teilweise diskutiert. Für staatliche Einzelmaßnahmen, die dem Grundgesetz widersprechen eröffnen sich aber meines Erachtens ganz andere Sanktionsmöglichkeiten, die das Grundgesetz selbst bereithält. Insbesondere ist dies das Instrument der Verfassungsbeschwerde. Dies klingt zwar harmlos und ist zudem zeitaufwendig, aber durchaus wirkungsvoll. Die enorm gewachsene Bedeutung des Bundesverfassungsgerichts wäre jedoch ein extra Thema.

Der CDU-Politiker Wolfgang Bosbach hat Inge Viett wegen der besagten Äußerung sogar für einen Kabelbrand am Berliner S-Bahnhof Ostkreuz mitverantwortlich gemacht, der lange danach gelegt wurde. Muß Ihre Mandantin sich Sorgen machen, in Zukunft an allem schuld zu sein, was irgendwie mit »Zündeln« zu tun hat?
Das ist natürlich nicht nur juristisch Quatsch. Man darf aber nicht vergessen, daß sich das Verfahren nur vordergründig gegen meine Mandantin richtet und von Anfang an versucht wurde, über den Zusammenhang Rosa-Luxemburg-Konferenz die Partei Die Linke und insbesondere Gesine Lötzsch im Vorfeld der Abgeordnetenhauswahl zu beschädigen. Passenderweise findet sich in der Ermittlungsakte ein mehrstündiger Mittschnitt von »Anne Will«, in dem es ziemlich wenig um meine Mandantin und um so mehr um die »Kommunismus-Diskussion« in der Linkspartei geht. In diesem Zusammenhang ist wohl auch der Presserummel um das Verfahren zu sehen.

Dann wäre die eigentliche Zielperson ja nicht Inge Viett, sondern Gesine Lötzsch als Vorsitzende der Linkspartei. Was bedeutet es für diesen Staat, wenn mit Strafverfahren Politik gemacht wird?
Ausgangspunkt des Verfahrens für das LKA war die Berichterstattung von Berliner Morgenpost und Bild.de, als Zeuge wird ein Journalist der Bild am Sonntag benannt. Überschriften wie »Die Linke-Chefin und die Ex-Terroristin« zeigen dort die Stoßrichtung an. Der Kreis schließt sich, wenn etwa in der Berliner Morgenpost breit über ein Verfahren berichtet wird, das man selbst generiert hat, nicht ohne Querverweis auf die beabsichtigte Teilnahme von Gesine Lötzsch an der damaligen Podiumsdiskussion.

Dabei hält sich der Nachrichtenwert ziemlich in Grenzen: Prozessual hat zunächst die Staatsanwaltschaft lediglich beim Amtsgericht beantragt, das Hauptverfahren zu eröffnen. Weder ist dies bisher erfolgt noch sind gar Verhandlungstermine abzusehen.
Junge Welt, via trueten.de
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Sonntag, 15. Mai 2011

Polizeigewalt außer Kontrolle? Unabhängige Untersuchungsinstanzen als Mittel gegen Polizeiübergriffe

Rechtswidrige Gewaltanwendung durch Polizeibeamte ist keine Ausnahmeerscheinung sondern ein alltägliches Phänomen. Den jährlich mehr als 1.600 Strafanzeigen gegen Polizisten steht ein mutmaßlich sehr großes Dunkelfeld gegenüber. Betroffene verzichten angesichts der geringen Erfolgsaussichten und der Gefahr von Gegenanzeigen zumeist auf eine Strafanzeige. Selbst wenn die Betroffenen Anzeigen erstatten, werden 95-98 Prozent der Verfahren eingestellt. Einschlägige Verurteilungen finden sich nur in Einzelfällen.

Die Ausübung staatlicher Macht und Gewalt durch die Polizei muss wirksamer kontrolliert werden. Die in Berlin nun eingeführte Kennzeichnungspflicht ist ein erster kleiner Schritt in diese Richtung. Dies reicht jedoch bei weitem nicht aus. Das Defizit bei der Kontrolle polizeilicher Gewaltausübung besteht nicht nur in der oft schwierigen Identifizierung der handelnden Beamten, sondern ebenso in schlampig geführten Ermittlungen durch die Polizei, Falschaussagen bzw. einer „Mauer des Schweigens“ bei den Kollegen der Beschuldigten und dem institutionellen Näheverhältnis von Polizei und Justiz. Wahrzunehmen ist etwa, dass Polizisten im Strafverfahren bei vielen Richtern einen Vertrauensvorschuss genießen.

Angesichts dessen kann eine wirksame Kontrolle nur durch eine unabhängige, polizeiferne Instanz gewährleistet werden. Im Rahmen der Veranstaltung wollen wir die Praxis von Strafverfahren gegen Polizisten beleuchten und der Frage nachgehen, welche Modelle es für eine unabhängige Kontrollinstanz gibt, wie sich diese in der Praxis bewährt haben und welche Anforderungen an sie gestellt werden müssen.

Programm
Rechtsanwältin Christina Clemm, Rechtsanwalt Ulrich v. Klinggräff (RAV): Erfahrungen mit der Praxis in Strafverfahren gegen Polizeibeamte

Filmbeitrag über Polizeigewalt im Zusammenhang mit einer Demonstration

Martin Herrnkind (Diplom-Kriminologe und Polizist): Defizite interner Kontrolle von Polizeiarbeit

Prof. Dr. Norbert Pütter (Redakteur der Zeitschrift Bürgerrechte & Polizei/CILIP): Kontrolle polizeilicher Gewalt durch unabhängige Einrichtungen

Termin
16. Mai 2011 ab 19 Uhr

Ort
Humboldt-Universität zu Berlin
Unter den Linden 6, Raum 2002 (Hauptgebäude)

Veranstalter:
Humanistische Union vereinigt mit der Gustav Heinemann-Initiative
Republikanischer Anwältinnen- und Anwälteverein e.V. (RAV)
Komitee für Grundrechte und Demokratie
Bürgerrechte & Polizei/CILIP
Kampagne für Opfer rassistisch motivierter Polizeigewalt (KOP Berlin)
arbeitskreis kritischer juristinnen und juristen an der Humboldt-Universität zu Berlin (akj-berlin)
Neue Richtervereinigung (NRV)
JungdemokratInnen/Junge Linke Berlin
Internationale Liga für Menschenrechte.

Mit freundlicher Unterstützung der Holtfort-Stiftung.

Flyer

Via annalist
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Sonntag, 16. Januar 2011

Zensus 2011 ist missbrauchsanfällig und verstößt gegen Informationelle Selbstbestimmung

Internationale Liga für Menschenrechte hält Proteste gegen Volkszählung 2011 weiterhin für gerechtfertigt und unterstützenswert

In diesem Jahr wird bundesweit eine neue Volkszählung - der Zensus 2011 - durchgeführt. Die Umsetzung läuft in Bund und Ländern auf Hochtouren. Nach Auffassung der Liga ist dieses Vorhaben verfassungs- und datenschutzrechtlich hochproblematisch. Dazu erklärt Liga-Vizepräsident Rolf Gössner:

"Der Zensus 2011 ist nicht nur aufwändig und teuer, sondern führt den verhängnisvollen Trend zur Verdatung der Bevölkerung fort. Dabei wird diese Volkszählung - entgegen den Werbebotschaften aus Politik und Wirtschaft - keine politischen und wirtschaftlichen Fehlplanungen verhindern, denn aus aktuellen Zahlen erfolgt nicht zwangsläufig eine bessere und gerechtere Politik. Vor allem aber ist der Zensus 2011 in hohem Maße missbrauchsanfällig und dürfte in wesentlichen Punkten gegen das Grundrecht auf Informationelle Selbstbestimmung verstoßen."

Mit dem registergestützten Zensus ist eine umfangreiche Erfassung und Zusammenführung von persönlichen Daten der gesamten Bevölkerung aus diversen staatlichen Registern verbunden - ohne Einwilligung der Betroffenen. Ein erheblicher Bevölkerungsanteil wird darüber hinaus verpflichtet, Fragen aus dem persönlichen Lebensbereich zu beantworten - bundesweit sollen etwa acht Millionen Menschen betroffen sein, die von rund 80.000 Erhebungsbeauftragten "interviewt" werden sollen. Außerdem müssen alle rund 18 Millionen Haus- und Wohnungseigentümer sowie alle Bewohner sensibler Sonderbereiche (Seniorenheime, Psychiatrische Krankenhäuser, Kasernen, Gefängnisse etc.) detaillierte Auskünfte geben. Im Falle der Verweigerung kann die Auskunftsbereitschaft aller Betroffenen auch mit Zwangs- und Bußgeldern erzwungen werden.

Zwar hat das Bundesverfassungsgericht die gegen den Zensus gerichtete Verfassungsbeschwerde von Bür-gerrechtlern, die von über 13.000 Menschen unterstützt wurde (www.vorratsdatenspeicherung.de), Ende September vorigen Jahres nicht zur Entscheidung angenommen. Doch die Liga hält auch danach ihre rechtlichen Bedenken und ihre rechtspolitische Kritik aufrecht - zumal dieser Gerichtsbeschluss letztlich aus formalen, nicht aus inhaltlich-verfassungsrechtlichen Gründen erfolgt ist. Proteste gegen die Volkszählung 2011, die bundesweit über 700 Mio. Euro kosten wird, sind auch weiterhin gerechtfertigt.

Rolf Gössner fasst die Kritik am Zensus 2011 und am zugrunde liegenden Gesetz so zusammen:

  • "Mit den zweckentfremdeten Informationen aus diversen staatlichen Datenbanken, angereichert mit sensiblen Daten einer Zwangsbefragung, entstehen hoch problematische Personenprofile.

  • Die Daten werden in einer Zentraldatenbank zusammengeführt und können über eindeutige Ordnungsnummern verknüpft bzw. zugeordnet werden - obwohl das Bundesverfassungsgericht eine solche Identifikations- oder Personenkennziffer bereits in früheren Urteilen untersagt hatte.

  • Die erhobenen und verknüpften Daten werden nicht etwa unmittelbar nach ihrer Auswertung gelöscht, sondern bleiben bis zu vier Jahre lang gespeichert und über die Ordnungsnummern zu heiklen Personenprofilen verknüpfbar.

  • Diese mangelhafte Anonymisierung ist eine große Gefahr für Informationelle Selbstbestimmung, Datenschutz und Datensicherheit. So entsteht für einen langen Zeitraum eine riesige, schwer kontrollierbare zentrale Datensammlung mit erheblichem Missbrauchspotential, wie es allen großen Datenbanken eigen ist."

Hintergrundinfos: Zensus 2011 - eine neue Volkszählung mit verfassungsrechtlichen Tücken

I. Der bundesdeutsche Zensus 2011 geht auf eine EU-Vorgabe zurück, die erstmals gemeinschaftsweit eine Zählung der Bevölkerung, der Haushalte sowie Wohnungen in allen Mitgliedsstaaten zwingend für 2011 vorschreibt. Ziel ist es, in allen EU-Mitgliedsstaaten nach gleichen Kriterien erzielte, vergleichbare Ergebnisse zu gewinnen, um für künftige Planungen gewappnet zu sein. Der Bundestag hat zur Umsetzung das Zensusgesetz vom 8.07.2009 (BGBl. I S. 1781) beschlossen. Die Durchführung des Zensus obliegt weitgehend den Bundesländern, die dafür eigens Ausführungsgesetze erlassen mussten bzw. noch müssen. Die Umsetzung läuft auf Hochtouren. Stichtag der Erhebung ist der 9.05.2011. Erhebungszeitraum zwischen Mai und Dezember 2011 (bis spätestens Mitte 2012). Erste Ergebnisse aus dieser Erhebung werden erst 18 Monate nach dem Stichtag erwartet. Bundesweit wird der Zensus über 700 Mio. Euro kosten.

Der Zensus soll Basis- und Strukturdaten liefern über Bevölkerung, Migration, Alter, Familienstand, Erwerbstätigkeit, Wohnsituation etc., auf denen dann politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Planungsprozesse bei Bund, Ländern und Kommunen aufbauen sollen. Es geht dabei u. a. um den demografischen Wandel, um Infrastrukturplanung und den Länder- und kommunalen Finanzausgleich. Doch auch mit neueren Zahlen und Statistiken aus dem Zensus 2011 sind politische und wirtschaftliche Fehlplanungen nicht auszuschließen, zumal diese in der Regel nicht auf fehlenden oder veralteten Daten beruhen, sondern auf einer falschen Bewertung oder auf einer verfehlten und interessegeleiteten Verteilungspolitik.

II. Ablauf und Besonderheiten des Zensus 2011:

1. Anders als bei früheren Volkszählungen werden mit dem registergestützten Zensus zunächst personenbezogene Informationen aus zahlreichen staatlichen Registern zusammengeführt - allerdings ohne Einwilligung der Betroffenen, wie die Liga kritisiert, und unter Zweckentfremdung der ursprünglich für andere Ziele erfassten Daten. Die teils sensiblen Daten werden etwa bei Meldebehörden, Liegenschaftskatastern, den Agenturen für Arbeit sowie aus ‚allgemein zugänglichen Quellen‘ abgefragt. Dazu gehören neben den Grundmeldedaten etwa auch Angaben zu Schulabschluss und Ausbildung, Eheschließungen und -scheidungen, Religion, Wohnungsstatus, Anschrift des Wohnungsgebers, Beruf, Arbeitsort und -stätte, Branche und Arbeitslosenstatus (etwa "nicht zu aktivierende Person") etc.

2. Darüber hinaus wird ein erheblicher Teil der Bevölkerung - bundesweit bis zu zehn Prozent oder acht Millionen Bürger/innen - gezwungen, Fragen aus dem persönlichen Lebensbereich zu beantworten. Ein Widerspruch oder eine Klage gegen die buß-/zwangsgeldbewehrte Heranziehung als zu befragende Person hat keine aufschiebende Wirkung, das heißt: Die Fragen sind dennoch unmittelbar, also auch schon vor einer gerichtlichen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Maßnahme zu beantworten. Für diese Haushaltsstichproben werden bundesweit rund 80.000 Erhebungsbeauftragte (Interviewer) benötigt, die zu diesem "Ehrenamt" auch verpflichtet werden können.

Die Erhebungsbeauftragten fragen im Verlaufe ihrer Befragungsaktionen und Hausbesuche nach Geschlecht, Geburtsort und -land, Alter, Staatsangehörigkeit, Ausbildung, Familienstand, nichtehelichen Lebensgemeinschaften, Haushaltsgröße, Familientyp, ausgeübtem Beruf, Berufsstellung und Erwerbsstatus. Auch sensible und diskriminierungsträchtige Fragen nach dem Migrationshintergrund sind vorgesehen sowie - anders als es die EU-Vorgabe vorschreibt - nach der Religionszugehörigkeit; insbesondere Muslime sollen differenzierte Angaben machen, so etwa, ob sie sich dem sunnitischen, schiitischen oder alevitischen Islam zugehörig fühlen.

3. Über diese Stichprobenerhebungen hinaus sind alle rund 18 Millionen Haus- und Wohnungseigentümer verpflichtet, postalisch Auskünfte über ihre Immobilien zu erteilen - etwa über Größe und Alter der Gebäude, wie sie genutzt werden, wie viele Leute dort wohnen und wie die Wohnungen ausgestattet sind; über Wohnungseigentumsverhältnisse, Heizungsart, Zahl der Wohnungen und Räume, WC, Badewanne oder Dusche, Art der Nutzung. Auch alle Bewohner sensibler Sonderbereiche werden erfasst, ob in Gemeinschaftsunterkünften, (Senioren-) Wohnheimen, Krankenhäusern, Psychiatrie, Kasernen oder Gefängnissen - diese Vollerhebung birgt die Gefahr sozialer Stigmatisierung und Diskriminierung.

III. Die zweckentfremdeten Informationen aus diversen staatlichen Datenbanken, angereichert mit sensiblen Daten einer Zwangsbefragung werden zentral gespeichert. Sie können über eindeutige Ordnungsnummern zugeordnet und zu Personenprofilen verdichtet werden - obwohl das Bundesverfassungsgericht eine solche Identifikations- oder Personenkennziffer bereits früher untersagt hatte.

Die gesammelten und zentral zusammengeführten Daten werden nicht etwa unverzüglich nach ihrer Auswertung gelöscht, sondern sollen bis zu vier Jahre lang gespeichert und über die Ordnungsnummern zu heiklen Personenprofilen verknüpfbar bleiben. So entsteht für einen langen Zeitraum eine riesige, schwer kontrollierbare zentrale Datensammlung mit hohem Missbrauchspotential, wie es allen großen Datenbanken eigen ist. Die damit verbundene mangelhafte Anonymisierung ist eine große Gefahr für Informationelle Selbstbestimmung, Datenschutz und Datensicherheit.

Internationale Liga für Menschenrechte / via graswurzelrevolution
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Sonntag, 19. Dezember 2010

Neuauflage: Polizeibericht Berlin 2010

Polizeibericht Berlin 2010 - Ausrüstung, Strukturen, Einsatztaktik, Hintergründe, Analysen, Kritik

Seit Mitte letzten Jahres war der 108-seitige "Polizeibericht Berlin 2009" in gutsortierten Berliner Infoläden erhältlich. Bereits im Vorwort wurde darauf hingewiesen, dass die gesammelten Informationen lediglich eine Momentaufnahme polizeilicher Strukturen darstellen. Dies und der Umstand, dass die beinahe vergriffene Auflage des "Polizeibericht Berlin 2009" sich nach wie vor großer Nachfrage erfreut, hat zur Redaktion einer aktualisierten und erweiterten Ausgabe geführt.

Den "Polizeibericht Berlin 2010" gibt es als PDF (10,1 MB) oder ab sofort in Berliner Infoläden.

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Mittwoch, 15. Dezember 2010

Versammlungsfreiheit vor Gericht

150 Tagessätze für die Aufforderung an die Polizeikräfte ein rechtswidriges enges Poli­zeispalier um eine Demonstration aufzulösen und die Abfilmerei der Versammlungsteil­nehmerInnen zu unterlassen.

Ein Teilnehmer der 1.Mai-Demonstration 2010 in Karlsruhe wurde am 14. Dezember 2010 vom Amtsgericht Karls­ruhe zu 150 Tagessätzen wegen angeblicher Nötigung verurteilt. Wegen des weiteren Vorwurfs der Beleidigung wurde er freigesprochen. Die Staatsanwaltschaft hatte ein Strafmaß von 180 Tagessätzen gefordert.

Am 1. Mai 2010 hatten in Karlsruhe im Anschluss an die traditionelle DGB Demonstration über 700 Menschen unter dem Motto: „Kämpfen in der Krise – Kapitalismus überwinden“ gegen die Ursachen und Folgen der kapitalistische Krise mit ihren weltweiten Auswirkungen auf die Le­bensbedingungen der Menschen demonstriert. Zur Erinnerung: Im Zuge der kapitalistischen Kri­se hatte sich u.a. die Zahl der Hungernden weltweit um 100 Millionen (!) nach UN-Angaben er­höht.

Leider konnte die Demonstration nicht zu Ende gebracht, sondern musste frühzeitig abgebro­chen werden: Mit einem engen Spalier von Polizeikräften und dem ununterbrochenen Abfilmen des Demonstrationszuges verunmöglichte die Einsatzleitung der Polizei die freie Ausübung des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit. Schon im Vorfeld wurde die Demonstration mit einer Unzahl von Auflagen überschüttet, obwohl es noch nicht einmal Anzeichen für einen möglicher­weise unfriedlichen Verlauf gab, die ansonsten zur Begründung von Auflagen üblicherweise vorgebracht werden. Die Demonstration war und blieb auch friedlich wie allen Presseberichten zu entnehmen war.

Das Urteil des Amtsgericht stellt das Ergebnis der Beweisaufnahme auf den Kopf! Obwohl die Zeugenaussagen aller 6 hochrangigen Polizeizeugen sogar übereinstimmend laute­ten, dass der Angeklagte nicht zu einer Blockade aufgerufen habe, sondern als Moderator ledig­lich die Einstellung des Abfilmens aller Demoteilnehmer, und die Aufhebung des engen Poli­zeispaliers gefordert habe, und obwohl die Beweisaufnahme ergeben hat, dass die Teilnehmen­den der Demo bereits ohne Durchsagen vom Lautsprecherwagen angehalten haben, um die Aufhebung des engen Polizeispaliers zu fordern, wurde der Angeklagte von Amtsrichter Schwierblat zu 150 Tagessätzen verurteilt. Dabei ignorierte der Amtsrichter sogar die ständige Rechtssprechung des Bundesverfassungsgericht zu Blockaden und zur Nötigung, wie sie in dem Brokdorf-Be­schluss und im Mutlangen-Urteil zum Ausdruck kommt. Der Richter hat sich noch nicht einmal nur im Ansatz mit dieser Rechtssprechung auseinandergesetzt.

Angesichts des eindeutigen Ergebnisses der Beweisaufnahme hätte der Angeklagte in jedem Falle freigesprochen werden müssen.

Ein skandalöses Urteil, das alle einschüchtern soll, die ihr elementares Recht auf Versamm­lungsfreiheit wahrnehmen, und die es zukünftig wahrnehmen wollen. Wenn diese Rechtsspre­chung Schule machen sollte, wird es zukünftig kaum mehr möglich sein, eine Versammlung ohne an­schließenden Strafbefehl in beträchtlicher Höhe durchzuführen. Auch im Strafverfahren gegen den Anmel­der der Bildungsstreik-Demonstration in
Stuttgart, den verdi-Sekretär Marc Kappler, geht es um ähnliche Vorwürfe.

Wie sehr die Staatsanwaltschaft und die Polizeieinsatzkräfte auf eine Verurteilung und damit Ein­schränkung des Versammlungsrechtes aus sind, zeigte sich auch darin, dass die Anklage sogar vom Oberstaatsanwalt Zimmermann persönlich vertreten wurde - in einem Ver­fahren in dem üblicherweise ein Referendar/in als Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft ein­gesetzt wird, und dass 6 (!) hochrangige Zeugen der Polizeieinsatzleitung und des Staatsschut­zes aufge­boten wurden.

Der Angeklagte hat bereits angekündigt, dass er Rechtsmittel einlegen wird.

In diesem und ähnlichen Verfahren geht es nicht allein um den angeklagten Versammlungsteil­nehmer. Hier sitzen alle auf der Anklagebank, die ihr elementares Recht auf Versammlungsfrei­heit als Ausdruck der kollektiven Meinungsfreiheit in Anspruch nehmen.

Das Urteil richtet sich gegen alle sozialen Bewegungen und gegen die Gewerkschaften.

Kennzeichnend dafür ist, dass selbst der DGB Baden-Württemberg in Stuttgart erhebliche Schwierigkeiten bei der Anmeldung seiner Versammlungen hat, und dass die Großdemonstration gegen Stuttgart 21, die am 11.12.2010 mit 50000 Menschen durchgeführt wurde, erst beim VGH Mann­heim in 2.Instanz durchgesetzt werden konnte.

Im Zuge der "Föderalismusreform" können die Bundesländer nunmehr eigene Landesversamm­lungsgesetze verfassen - wohlgemerkt können, müssen aber nicht. Dann gilt das Bundesver­sammlungsgesetz weiter. Die All-Parteien "law und order"- Fraktion nimmt dies zum Anlass, längst gewünschte Verschärfungen einzubauen, als wenn das Versammlungsgesetz nicht so­wieso schon versammlungsfeindlich genug wäre. Das bayrische Landesversammlungsgesetz, gegen das vor dem Bundesverfassungsgericht von einem breiten Bündnis erfolgreich ein Eilver­fahren betrieben wurde, ist zwar nun weitgehend entschärft worden. Das gilt jedoch nicht für an­dere Bundesländer, in denen die neuen Landesversammlungsgesetze bereits in Vorbereitung sind.

In Baden-Württemberg wird bereits seit 1 1/2 Jahren von den Versammlungsbehörden ver­sucht, die neuen „law und Order“- Regelungen des geplanten Landesversammlungsgesetzes vorwegzunehmen, so dass bei vielen Versammlungen erst mal mit AnwältInnen zum Gericht gezogen werden muss. Die Wahrnehmung der Versamm­lungsfreiheit kann aber nicht vom Geldbeutel, der Bereitschaft sich einem drohenden Strafbe­fehl bzw. einer Verurteilung auszu­setzen, oder von der Tatsache abhängen, ob ein Anwalt/in zur Unterstützung zur Ver­fügung steht und bezahlt werden kann.

Der Ursprungsgedanke des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit, nämlich Demonstrationen und Kundgebungen einen besonderen Schutz zu verleihen, wird in der aktuellen Praxis der Be­hörden auf den Kopf gestellt. Diese Tendenz darf so nicht weitergehen.

Trotz aller Versuche das Versammlungsrecht einzuschränken, verteidigen wir das Recht auf Versammlungsfreiheit am besten indem wir es wahrnehmen. Die nächste Demonstration kommt bestimmt. Nehmt Euch Euer Recht! Angeklagt sind wir alle – Wehren wir uns gemeinsam!

Kommt / Kommen Sie als kritische Öffentlichkeit zur Prozessbeobachtung zu den Prozessen!

Quelle:
Pressemitteilung des Aktionskreis Internationalismus Karlsruhe (AKI Karlsruhe)
via trueten.de
Siehe auch Bündnis für Versammlungsfreiheit Stuttgart
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Donnerstag, 2. Dezember 2010

Im Interesse Ihrer eigenen Sicherheit



Via: blogrebellen
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Freitag, 12. November 2010

Gegen den Ausbau des Kontroll- und Repressionsstaats – gegen die Innenministerkonferenz!

Wer die Lebensbedingungen von Millionen Menschen ständig verschlechtert, braucht Überwachungsorgane und Unterdrückungsapparate

Seit 1990 geht der Abbau des deutschen Sozialstaates rasant voran. Er ist gekoppelt an die Aufkündigung der „Sozialpartnerschaft“ für zunehmend mehr Teile der lohnabhängig Beschäftigten. Hartz IV und Agenda 2010 sind zum Synonym des Sozialabbaus geworden, Rentenkürzungen, Erhöhung der Kosten für die Kranken- und Rentenversicherung gehören ebenfalls in diesen Kontext. Der Anteil der Löhne und Gehälter am Volkseinkommen nimmt seit zwei Jahrzehnten spürbar ab, jener der Millionäre steigt. Da langandauernde Arbeitslosigkeit wegen Hartz IV sozialen Absturz bedeutet ohne Perspektive wieder auf den „normalen“ Arbeitsmarkt zu kommen und gleichzeitig Insolvenzen und Personalabbau für eine anhaltend hohe Arbeitslosigkeit sorgen, nimmt die Angst um die eigene wirtschaftliche Zukunft dramatisch zu. Als Konsequenz daraus wächst die Bereitschaft, auch miserabelste Jobs anzunehmen oder geringere Einkommen in Kauf zu nehmen, KollegInnen als KonkurrentInnen zu sehen … Eine Abwärtsspirale nach unten ist die Folge. Das auch, weil die Gewerkschaften (die ohnehin wenig gewohnt waren, sich in zermürbenden Kämpfen gegen die Unternehmer zu behaupten) ihre einstige Stärke – hohe Mitgliedszahlen – eingebüßt haben.

Parallel dazu werden die Repressionsorgane und die Überwachungsmöglichkeiten des Staates vielfältig ausgebaut. Als Stichworte seien nur wenige Aspekte genannt: ELENA, Vorratsdatenspeicherung, Aufrüstung der Polizei und Diskussion über den Einsatz der Bundeswehr im Innern, Videoüberwachung von öffentlichen Plätzen, Einschränkung des Demonstrationsrechts, Anfänge einer Schnellgerichtsbarkeit…

Dagegen müßte es eigentlich einen Aufschrei der Entrüstung geben. Dem ist aber nicht so! Seine BürgerInnen haben die Normen dieses Staates in einem hohen Maße verinnerlicht, wodurch jedes Aufbegehren gegen seine Zumutungen erheblich erschwert wird. Die Hegemonie der bürgerlichen Ideologie ist in der BRD quer durch alle Klassen und Schichten niemals ernsthaft in Frage gestellt worden. Den Herrschenden kommt diese anti-klassenkämpferische Tradition in Deutschland sehr entgegen, d.h. die Bereitschaft, die Ursachen für die sich verschlechternde soziale Situation in ganz anderen Dingen zu verorten als in den aktuellen Klassenverhältnissen.

Deshalb erzielen Pressekampagnen gegen „arbeitsscheue Sozialschmarotzer“, „gefährliche Drogenabhängige“ oder „gewalttätige Migrantenjugendliche“, „kriminelle Ausländer“ oder „unsere Sozialsysteme ausnutzende Asylbewerber“ immer wieder erschreckend breite Zustimmung. Darauf aufbauende politische Entscheidungen für z.B. Hartz IV-Kürzungen bei Ablehnung unzumutbarer Arbeitsplätze, Privatisierungen öffentlichen Raumes mit Hausrecht für die Betreiber von z.B. Einkaufszentren, Sicherheitsdienste wohin mensch sieht, härtere Strafen, Abschiebungen nach Verbüßung von Haftstrafen, Stigmatisierung ganzer Gruppen junger Menschen, deren Chancen einen Ausbildungsplatz zu bekommen sowieso schon gering sind, de facto Abschaffung des Asylrechts sind vor diesem Hintergrund meist problemlos durchsetzbar.

Von Anfang an basierte die BRD auf Lohnarbeit und damit Mehrwertabschöpfung (= Ausbeutung) wie jeder andere kapitalistische Staat. Die realen Mitwirkungsmöglichkeiten der Bevölkerung an politischen Entscheidungen waren stets begrenzt, und Rücksicht auf „Volkes Meinung“ hatte dieser Staat bei ihm wichtigen Entscheidungen auch nicht genommen. Das zeigen die größten Demonstrationen in der BRD-Geschichte gegen den NATO-Doppelbeschluß 1983 bis 1985: Pershing II und Cruise Misseles wurden trotzdem stationiert. Gegen seine GegnerInnen setzte dieser Staat Berufsverbote oder seine geballte Polizeimacht ein, wie nicht nur AtomkraftgegnerInnen und HausbesetzerInnen zu spüren bekamen.

Und dennoch stellt 1990 eine Zäsur dar: Ab jetzt wurde der „Sozialstaat“ in zunehmend rasanterer Fahrt demontiert und die Axt an die Mitwirkungsmöglichkeiten gelegt, die eine bürgerliche Demokratie bietet. Die bisherige „soziale Marktwirtschaft“, die allen eine ökonomische Mindestabsicherung zukommen ließ und zumindest theoretisch die Möglichkeit der Partizipation am „gesellschaftlichen Leben“ und an politischen Entscheidungen für alle bot, wurde abgerissen. Daß dies erst jetzt – genau jetzt – geschah, daß sämtliche sozialdemokratischen Illusionen von einem „gezähmten Kapitalismus“ sich mit der Annexion der DDR in Luft auflösten, ist kein Zufall. Zuvor erzwang die Systemkonkurrenz, der ständige und unmittelbare Vergleich mit der pseudosozialistischen DDR, ein Mindestmaß an sozialer Wohlfahrt, damit nicht breitere Bevölkerungsschichten in eben dieser DDR eine Alternative erblickten. Und: Für ihre aggressive Frontstellung im sog. „Ost-West-Konflikt“ benötigte die BRD eine Bevölkerung, die loyal und geschlossen hinter ihrer Regierung stand. Es besteht keinerlei Anlaß, die Alt-BRD nachträglich zu idealisieren, um die Gegenwart in desto dunkleren Farben malen zu können. Es geht aber um eine Analyse der Veränderungen, die stattgefunden haben. Unsere These lautet, die kapitalistische BRD hat sich gewandelt (und wandelt sich noch) von einem eingeschränkten Sozial- und Partizipativstaat zu einem zunehmend autoritäreren Kontroll- und Überwachungsstaat.

Diese Begriffe sollen dazu dienen, aktuelle Entwicklungen diskutierbar zu machen. Neue gesellschaftliche Tendenzen erfordern neue Begrifflichkeiten, um den Unterschied zum Vorherigen sichtbar zu machen. Das bedeutet allerdings keineswegs, daß wir mittlerweile in einer ganz und gar anderen Gesellschaft lebten. Die Grundlagen, auf denen sich die skizzierte Entwicklung vollzog und weiter vollzieht sind die gleichen geblieben: Die Bundesrepublik Deutschland ist ein kapitalistischer Staat.

Ein kapitalistischer Staat hat vornehmlich die Aufgabe, das kapitalistische Wirtschaftsysstem zu schützen und seine gedeihliche Entwicklung zu fördern. Dafür stehen ihm diverse Instrumente zur Verfügung. Zunächst einmal steckt er den Rahmen ab, in dem sich alles zu bewegen hat (in erster Linie durch seine Gesetzgebung, aber auch durch die Bereitstellung von Infrastruktur von einem breiten Verkehrsnetz bis zu Schulen und Universitäten) und sichert ihn ab (mittels Polizei, Gerichtsbarkeit und wenn es hart kommt auch Militär). Hohe Priorität genießt dabei das Privateigentum an Produktionsmitteln.

Im Rahmen seiner finanziellen Möglichkeiten ist der Staat aber auch darum bemüht, die negativen Auswirkungen der Klassengesellschaft nach unten abzufedern, damit sich Armut soweit in Grenzen hält, daß es nicht zu politischen Unruhen kommt. Aus dem selben Grunde regelt er auch die Formen der Auseinandersetzungen zwischen Kapital und Arbeit, indem er verbindliche Austragungsformen mittels des Tarifrechts vorschreibt. Ziel ist es, einen reibungslosen Geschäftsverlauf für die Kapitalisten sicherzustellen.

Sozialleistungen sind immer umkämpft, sind sie doch Kostenfaktoren, die der Staat anderweitig ausgeben möchte, nämlich um beispielsweise das heimische Kapital gegenüber der Konkurrenz auf den internationalen Märkten zu stärken. Aber: Je schwieriger ein Stillhalten der unteren Bevölkerungsschichten herzustellen ist, desto mehr muß der Staat dafür ausgeben. Eine resignative oder bescheidene Unterschicht bekommt weniger als eine rebellische. Auf der betrieblichen Ebene läuft es analog: Das jeweilige Kräfteverhältnis zwischen Kapital und Arbeit ist entscheidend für den Preis, den die Kapitalisten für die Ware Arbeitskraft ausgeben müssen. Kampferprobte Belegschaften oder ganze nationale ArbeiterInnenklassen erhalten mehr, als ihre zurückhaltenderen KollegInnen in anderen Ländern.

Die Höhe der Sozialleistungen und die Höhe von Löhnen und Gehältern errechnen sich nicht nach irgendwelchen feststehenden Sätzen (insofern gibt es keinen gerechten Lohn), sondern richten sich nach den Ergebnissen des Klassenkampfs. Sie sind also genauso wenig fixiert oder ein gerechter Anteil am Gesamtprodukt wie sie gottgegeben wären. Sie sind veränderbar. Und wer kämpft, kann gewinnen!

Nachdem die Sondersituation mit der Existenz der Systemalternative DDR beendet ist, sinken die Löhne der ArbeitnehmerInnen in Deutschland, weil den Angriffen von Kapitalseite zu wenig entgegengesetzt wird. In Ländern mit einer kampferprobten, streikbereiten ArbeiterInnenklasse ist das nicht so. Was wir seit zwei Jahrzehnten in Deutschland erleben, ist die Kürzung von Einkommen aus abhängiger Beschäftigung und das Zusammenstreichen von Sozialleistungen, weil es geht. Weil wir es uns gefallen lassen!

Zugleich baut der Staat seine Repressions- und Überwachungsinstrumente aus. Kaum, um die zaghaften derzeitigen Proteste niederzuhalten, die ohnehin wenig in der Lage sind, Zugeständnisse zu erzwingen. Aber offenbar geht der Staat davon aus, daß sich dies ändern könnte. Er will gewappnet sein, gegen entschlossenere Proteste, die zum Widerstand werden könnten. Er sorgt sich sicher auch, daß die weit verbreitete Unzufriedenheit und Perspektivlosigkeit in massenhafte (vorderhand unpolitische) Riots oder Massenkriminalität übergehen könnten. Die Kosten für den dann längst errichteten riesigen Polizei- und Justizapparat sind offenbar weit geringer als es ein Aufrechterhalten eines Sozialstaats wäre.

Die im November in Hamburg stattfindende Innenministerkonferenz (IMK), bespricht und beschließt Bausteine in die skizzierte Richtung. Da viele innenpolitische Aufgaben Ländersache sind, besteht ein hoher Abstimmungsbedarf – z.B. über polizeiliche Aufgaben. Im November wollen die Herrschaften sich darüber verständigen, wie die angeblich exorbitant ansteigende Gewalt gegen PolizeibeamtInnen härter bestraft werden kann und außerdem wie bundeseinheitlich gegen linksradikale Strukturen vorzugehen ist. Wer sich für ein besseres Leben für alle zulasten des Kapitals einsetzt, wird es früher oder später mit den Unterdrückungsapparaten dieses Staates zu tun bekommen. Gegen die IMK mobilisert ein breites Bündnis zu Aktionstagen und Demonstrationen (nachzulesen unter www.no-imk.blogspot.com).

Kommt zur bundesweiten Demo am Samstag, 13. November!

Gegen den Kontroll- und Repressionsstaat – IMK versenken!

Anarchistische Gruppe/Rätekommunisten (AG/R)

Via entdinglichung
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Mittwoch, 10. November 2010

CASTOR : Französische CRS-Polizisten im Wendland gewaltsam gegen Protestierer

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Fotos von französischen CRS-Gendarmisten mit Teleskop-Totschlägern beim gewaltsamen Räumen eines Bahngleises am vergangenen Wochenende im Wendland zusammen mit Bundespolizisten (vgl. Arm-+Brustwappen) (Fotograf: Christian Jäger).

Dazu Hans-Christian Ströbele / GRÜNE:
"Ich verlange von der niedersächsischen Landesregierung und der Bundesregierung unverzüglich rückhaltlose Auskunft über die Bundeswehr-Beteiligung und über den aktiven Einsatz ausländischer Polizisten gegen die Castor-Demonstranten am vergangenen Wochenende.

Ausländische Polizisten haben in Deutschland keinerlei Eingriffsbefugnisse. Schreiten sie gleichwohl - und gar gewaltsam - hierzulande gegen Grundrechtsträger ein wie offenbar am vergangenen Wochenende zusammen mit Bundespolizisten, so ist dies als Amtsanmaßung und Verstoß gegen das Waffengesetz augenscheinlich rechtswidrig. Außerdem dürfen Bundespolizisten derlei nicht sehenden Auges zulassen, sondern müssen dies unterbinden."


CRS: Das sind die franz Gendarmisten, die am 31. Juli 1977 bei der Anti-AKW-Demo in Creys-Malville/Frankreich gegen den schnellen Brüter Malville den Demonstranten VITAL MICHALON nach gezielten Einsatz von Reizgas-Petarden getötet haben ("erschlagen" haben sollen).

Via: trueten.de
Macht euch bereit für die Notfallproteste! Macht euch bereit für die Notfallproteste!

Mittwoch, 27. Oktober 2010

27. Oktober 1977: Beerdigung von Gudrun Ensslin - Andreas Baader - Jan-Carl Raspe

Donnerstag, 27. Oktober 1977, Dornhaldenfriedhof, Stuttgart. Die Beisetzung von Gudrun Ensslin, Andreas Baader und Jan Carl Raspe gerät in zweifacher Hinsicht zu einer politischen Demonstration. Viele Tausend Menschen nehmen Abschied und selbst an diesem traurigen Tag kann es die geballte Staatsmacht nicht lassen und zeigt mit Knüppeln, Hunden, Pferden und Hubsschraubern Gewalt gegen friedlich Trauernde.

Macht euch bereit für die Notfallproteste! Macht euch bereit für die Notfallproteste!

Samstag, 23. Oktober 2010

Polizeigewalt: PODIUMSDISKUSSION AM MONTAG, 25. OKTOBER IN BERLIN

Aus aktuellem Anlass mal ein Verweis auf eine Veranstaltung von Amnesty International:

Die Amnesty-Generalsekretärin wird am kommenden Montag bei einer öffentlichen Podiumsdiskussion zum Thema „Nichts zu verbergen? Mehr Verantwortung bei der Polizei!“ in Berlin auftreten. Auch Sie sind herzlich zu dieser spannenden Veranstaltung in der Landesvertretung Sachsen-Anhalts eingeladen!

Mit Monika Lüke diskutieren dort Bernhard Witthaut, der stellvertretender Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (in Vertretung des verhinderten Bundesvorsitzenden Konrad Freiberg), Holger Hövelmann, Innenminister des Landes Sachsen-Anhalt (SPD) und Nicholas Long, „Commissioner“ der englischen unabhängigen Untersuchungskommission für Vorwürfe gegen die Polizei. Die Moderation übernimmt die Journalistin Anja Reschke (Panorama). Monika Lüke hat im Kampagnen-Blog angekündigt, die Botschaft der über 10.000 Online-Demonstranten auch den Mitdiskutanten auf den Weg zu geben:

„Vor allem den Innenminister von Sachsen-Anhalt, Holger Hövelmann (SPD) wird die breite Unterstützung unserer Forderungen nach mehr Transparenz bei der Polizei sicherlich interessieren.“

Wir würden uns freuen, wenn wir Sie zu der Podiumsdiskussion begrüßen könnten! Auch wenn Sie nicht in Berlin wohnen, können Sie die Veranstaltung verfolgen: Ein Video-Livestream wird sie voraussichtlich ins Netz übertragen, wir werden die Veranstaltung auch aufzeichnen und das Video später ins Netz stellen. In jedem Fall begleiten wir auch online die Podiumsdiskussion aktiv, während des ganzen Abends ab 18 Uhr: Stellen Sie online Ihre Frage an die Diskutanten – einfach über Facebook und Twitter (@amnesty_polizei) oder per E-Mail an team.kampagnen@amnesty.de: Eine Auswahl der Fragen wollen wir in die Diskussion mit hineinbringen.

Zeit: Montag, 25. Oktober 2010, 19.30 – 21 Uhr
Ort: Landesvertretung Sachsen-Anhalt, Luisenstr. 18, Berlin (S-Bhf. Friedrichsstr., U6 Oranienburger Tor)


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