Antirepression

Samstag, 20. Oktober 2007

„Wissenschaftliche Arbeit unter Terrorverdacht – Zur Entgrenzung des Rechtsstaates“

Unter dem Titel: „Wissenschaftliche Arbeit unter Terrorverdacht – Zur Entgrenzung des Rechtsstaates“ wird zu einer Informations- und Diskussionsveranstaltung eingeladen. Die vom Lehrbereich Stadt- und Regionalsoziologie des Instituts für Sozialwissenschaften der HU Berlin ausgerichtete Veranstaltung findet am Dienstag, 30. Oktober 2007, um 19 h im Senatssaal der Humboldt-Universität, Unter den Linden 6, 10099 Berlin (Mitte) statt.

Als Referentinnen und Gäste berichten und diskutieren Christina Klemm, Rechtsanwältin von Dr. Andrej H.; Prof. Dr. Ulrich K. Preuß, Professor für Staatstheorie; Prof. Dr. Norbert Pütter, Arbeitsgruppe Bürgerrechte, FU Berlin sowie Prof. Dr. Hartmut Häußermann, Lehrbereich Stadt- und Regionalsoziologie, HU Berlin.

Im Weblog http://annalist.noblogs.org berichtet die Lebenspartnerin des unter Terrorverdacht stehenden Andrej H. von ihren Erfahrungen mit alltäglicher Vollüberwachung.
Macht euch bereit für die Notfallproteste! Macht euch bereit für die Notfallproteste!

Sonntag, 14. Oktober 2007

Oaxacawahlen zwischen Repression und Aufstand

Der Artikel zu den Wahlen in Oaxaca von Hans Meier besteht aus einem Bericht zu den Wahlen in 151 Landkreisen im mexikanischen Bundesstaat Oaxaca, wobei auch auf den sozialen und politischen Kontext in Form von Repression, Aufstandsbewegung und anderen aktuellen Konflikten eingegangen wird.

"Am 7. Oktober sollten in 152 von insgesamt 570 Landkreisen des mexikanischen Bundesstaates Oaxaca Wahlen stattfinden. In 151 Landkreisen wurden Wahlen abgehalten, in dem Landkreis Santiago Loallaga konnte keine Abstimmung stattfinden, da dort die Sicherheit nicht garantiert werden konnte..."

Weiterlesen
Macht euch bereit für die Notfallproteste! Macht euch bereit für die Notfallproteste!

Donnerstag, 11. Oktober 2007

Filmtipp: "Taxi zur Hölle"

Folter als Verhörmethode? Der Dokumentarfilm erzählt von der Verhaftung eines afghanischen Taxifahrers, der nach wenigen Tagen in US-Gewahrsam gewaltsam ums Leben kommt.
Seit dem Beginn des Kampfs gegen den Terror sind über 100 Häftlinge unter mysteriösen Umständen in US-Gefangenschaft gestorben. Der Dokumentarfilm beschäftigt sich mit dem Fall des afghanischen Taxifahrers Dilawar. Als er eines Nachmittags vom US-Militär festgenommen wurde, nachdem er drei Fahrgäste aufgenommen hatte, fragten sich die Bewohner seines Dorfes, warum gerade er verhaftet und im Gefängnis festgehalten wurde und warum es keinen Prozess gab.
Am 17.10.2007 und am 27.10.2007, jeweils um 03:00 bei arte in der Reihe "Demokratie für alle?"
Macht euch bereit für die Notfallproteste! Macht euch bereit für die Notfallproteste!

Sonntag, 30. September 2007

Sechs Minuten bis zum Überwachungsstaat





Marcus Klöckner
Sechs Minuten bis zum Überwachungsstaat
US-Bürgerrechtsorganisation installiert Zeitbarometer für »Orwell-Gesellschaft«

Rote Ziffern auf schwarzem Hintergrund: Die »Überwachungsgesellschaftsuhr« steht auf 23.54 und dient als Warnung für die Etablierung der USA als Big-Brother-Staat. Seit Mitte September hat die American Civil Liberty Union (ACLU), eine über 500000 Mitglieder starke US-amerikanische Bürgerrechtsorganisation, diese Uhr auf ihrer Webseite plaziert, um für die Gefahren, die durch eine Zunahme von staatlicher und privater Überwachung ausgehen, zu sensibilisieren.

Nach Angaben der ACLU orientiert sich die Uhr an der sogenannten Doomsday Clock, die 1947 von amerikanischen Atomwissenschaftlern als Warnung vor einem drohenden Atomkrieg installiert wurde. Die Washington Times berichtet, daß die Uhr, je nach Entwicklung, entweder vor oder zurückgestellt werde.


Weiterlesen bei der "jungen welt"
Macht euch bereit für die Notfallproteste! Macht euch bereit für die Notfallproteste!

Donnerstag, 27. September 2007

AK Vorrat: Größte Demonstration für Demokratie und Bürgerrechte seit 20 Jahren

In einer Pressemitteilung des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung vom 25.09.2007 heißt es:

"Wenn 15.000 Menschen für mehr Demokratie und weniger Sicherheitswahn protestieren, ist dies ein Riesenerfolg", so Ricardo Cristof Remmert-Fontes vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung über die Demonstration am 22.09.2007, die unter dem Motto "Freiheit statt Angst" stattfand. Wie die Polizei bestätigte, hatten sich mehr als 15.000 Menschen in Berlin versammelt, um sich gegen die stetige Aushöhlung der Bürgerrechte und des Datenschutzes auszusprechen.


weiter …
Macht euch bereit für die Notfallproteste! Macht euch bereit für die Notfallproteste!

Dienstag, 11. September 2007

Mexikanischer Menschenrechtler wurde hingerichtet

Ein mexikanischer Menschenrechtler wurde hingerichtet: Ricardo Murillo Monge, zus. mit seiner Frau Mercedes Gründer des Frente Cívico Sinaloense und Mitglied des Red de Derechos Humanos, Todos los Derechos Para Todas y para Todos, wurde am 6.9. laut Presse mit einem "tiro de gracia" ermordet.
Der Frente Cívico Sinaloense hat in letzter Zeit Folter und Militärübergriffe im Rahmen des Antidrogenkrieges denunziert. Der schlimmste Zwischenfall war wohl die im Juni in einer Militärsperre in Sinaloa "aus Versehen" getötete Familie (zwei Frauen, drei Kinder 2, 4 und 7 Jahre alt), siehe: http://www.eluniversal.com.mx/notas/429018.html
Hier der link auf amnesty-Meldung zur Ermordung von Murillo: http://web.amnesty.org/library/Index/ESLAMR410552007
Und die AU von Educa, Oaxaca:

Va la presente acción urgente!, EJECUCION DE DEFENSOR DE DERECHOS HUMANOS EN SINALOA

6 de septiembre de 2007

EJECUCIÓN DE RICARDO MURILLO MONGE, MIEMBRO DEL FRENTE CIVICO SINALOENSE Y DE LA RED TDT

ACCION URGENTE

La Red Nacional de Organismos Civiles de Derechos Humanos "Todos los derechos para todas y todos" ha tenido conocimiento que el día de hoy, 6 de septiembre, a la 1:00 a. m. fue encontrado ejecutado nuestro compañero Ricardo Murillo Monge integrante del Frente Cívico Sinaloense y defensor de derechos humanos. El Frente Cívico Sinaloense forma parte de esta Red.

El vehículo, con el cuerpo de Ricardo Murillo en el asiento del copiloto, fue encontrado estacionado enfrente de un centro comercial en la ciudad de Culiacán, Sinaloa.

Ricardo Murillo, junto con su hermana Mercedes, fue fundador del Frente Cívico Sinaloense y colaboraba en la Secretaria de Derechos Humanos de dicha organización. Desde 1993 trabajó en la educación y la promoción de la participación ciudadana, defendiendo y promoviendo derechos humanos, realizando visitas a centros penitenciarios y gestiones a favor de la liberación de internos, denunciado casos de tortura y abusos de policías y miembros del ejército.

Ante la ejecución de Ricardo Murillo, que puede estar relacionada con el trabajo de defensa de derechos humanos que realiza el Frente Cívico Sinaloense, exigimos de las autoridades:

1. Se tomen todas las medidas necesarias para garantizar la integridad y seguridad personal de las colaboradoras y colaboradores del Frente Cívico Sinaloense, especialmente de Mercedes Murillo, presidenta del mismo y hermana de Ricardo Murillo.

2. Se lleve a cabo una investigación inmediata, exhaustiva e imparcial de la ejecución de Ricardo Murillo con el fin de identificar a los responsables, llevarlos a juicio y sancionarlos
conforme a la ley.

3. Se garantice la aplicación de lo dispuesto en la Declaración sobre defensores de Derechos Humanos de Naciones Unidas, en particular el art.12.2 que esteblece "El Estado garantizará la protección por las autoridades competentes de toda persona, individual o colectivamente, frente a toda violencia, amenaza, represalia, discriminación, negativa de hecho o de derecho, presión o cualquier otra acción arbitraria resultante del ejercicio legítimo de los derechos mencionados en la presente Declaración".

Favor de dirigir sus comunicaciones a:

C. Jesús Alberto Aguilar Padilla

Gobernador Constitucional del Estado de Sinaloa

Fax: 01- 667-714-7870

gobernador@sinaloa.gob.mx

C. Luis Antonio Cárdenas Fonseca

Procurador General de Justicia del Estado de Sinaloa

01-667- 713-3200 y 713-3230 Ext. 503

pgjpg@sinaloa.gob.mx



Lic. Conzuelo Gutiérrez Gutiérrez

Visitadora General y encargada del despacho de la Presidencia

Comisión Estatal de Derechos Humanos de Sinaloa

Tel y fax: 01-667-714-6447 y 714-6459

sincedh@prodigy.net.mx

Favor de hacer llegar una copia de sus acciones urgentes a:

Frente Cívico Sinaloense

Fax: 01-667- 752-0313

fcsac@prodigy.net.mx

Red "TODOS LOS DERECHOS PARA TODAS Y TODOS"

01-55-5523-9992

redtdt@redtdt-org.mx

Philipp Gerber Peace Watch Switzerland Projektkoordination Mexiko /
Guatemala

Quellenstrasse 31 8005 Zürich / SUIZA Tel. (0041) 044 272 27 88 PC-
Konto: 87-356427-6 www.peacewatch.ch
Macht euch bereit für die Notfallproteste! Macht euch bereit für die Notfallproteste!

Montag, 10. September 2007

Die Sicht der Dinge

Zwei sehr unterschiedliche Sichtweisen zum "deutschen Herbst" verarbeiten die "junge Welt" bzw. die "Rote Fahne".

"junge Welt": 0.09.2007 / Thema / Seite 10
Der zweite Tod
Seit 30 Jahren verhindert der bundesdeutsche Staat eine lückenlose Aufklärung der letzten Lebensstunden der RAF-Mitglieder im Stammheimer Hochsicherheitstrakt. Wer die offizielle Selbstmordthese in Zweifel zieht, wird diffamiert
Ron Augustin
* Schon seit Wochen stimmen die bundesdeutschen Medien die Öffentlichkeit auf den »deutschen Herbst« 1977 ein. Was den Tod von Andreas Baader, Gudrun Ensslin, Ingrid Schubert, Jan-Carl Raspe und Ulrike Meinhof betrifft, übernehmen sie unkritisch die These vom Selbstmord der Gefangenen. Dabei gibt es bis heute viel Ungeklärtes. Ron Augustin meldet deshalb seine Zweifel an der staatsoffiziellen Version an. Er war ab 1971 Mitglied der RAF. Zwischen 1973 und 1980 saß er wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt und Urkundenfälschung fast ununterbrochen in Einzelhaft. (jW)



Am Morgen des 18. Oktober 1977 wurden im Stammheimer Hochsicherheitstrakt drei Gefangene aus der RAF tot oder sterbend und eine schwerverletzt aufgefunden. Obwohl die gerichtsmedizinischen Untersuchungen »aus polizeilichen Gründen« erst am Nachmittag, um 16 Uhr, anfangen würden, wurde von der baden-württembergischen Landesregierung schon um neun Uhr früh die Nachricht verbreitet, daß die Gefangenen sich selbst das Leben genommen hätten. Um 14 Uhr wurde die versammelte Presse vom Sprecher der Bundesregierung, Klaus Bölling, auf »Selbstmord« eingestimmt, während die SPD-Bundestagsfraktion in einer Sondersitzung von Willy Brandt gemahnt wurde, »kleinkarierten Streit« über die Umstände »beiseite zu schieben«.

Weil ich damals mit etwa 70 anderen Gefangenen dem Vakuum der »Kontaktsperre« unterlag, habe ich vom Tod der Gefangenen erst am nächsten Tag etwas erfahren, als meine Zelle in der Justizvollzugsanstalt Hannover auf Weisung des Bundeskriminalamtes durchsucht und mir der »Sachverhalt« dargestellt wurde. Danach hätten Andreas Baader und Jan Raspe sich mit Pistolen umgebracht, hätte Gudrun Ensslin sich mit einem Stromkabel erhängt und Irmgard Möller sich mit mehreren Messerstichen verletzt.

Die Nachricht hat mich erst mal umgehauen– wieder waren welche von uns tot, und dabei die, die für mich in meinem Leben am wichtigsten waren. Ich war verzweifelt, konnte mir aber nicht zuviel anmerken lassen, weil im selben Moment der Terror mit der permanenten Überwachung anfing und somit der Kampf dagegen. Monatelang wurde ich, wie die anderen Gefangenen aus der RAF, 24 Stunden am Tag beobachtet. Nachts blieb das Licht in der Zelle an, jede Viertelstunde wurde durch die Klappe geguckt, fast jeden Tag wurde die Zelle umgewühlt. Formal unter dem Vorwand, uns vor weiteren »Selbstmorden« zu schützen, unter der Hand aber mündlich vermittelt als der Versuch, welche von uns mürbe zu machen und zu öffentlicher Reue zu bewegen.

Die »Kontaktsperre« wurde bei mir erst am 31. Oktober aufgehoben. Damit konnte ich wieder Besuch von Angehörigen und Rechtsanwälten bekommen, war aber weiterhin von Kontakten zu Mitgefangenen ausgeschlossen. Ausnahmslos alle Anträge von Leuten die mich besuchen wollten, z. B. Wolfgang Grams, wurden abgeschmettert, ihre Briefe mit den abstrusesten Begründungen beschlagnahmt. Privatpost, Verteidigerpost, Zeitungen, Bücher und sonstige Nachrichtenquellen unterlagen einer verschärften Zensur. So wurde der Bericht des baden-württembergischen Landtages zur Stammheimer Todesnacht nicht ausgehändigt, weil »Sicherheit und Ordnung gefährdet werden« könnten. Es hat also Jahre gedauert, bis ich an die– dürftigen – Informationen zur Todesnacht rankam und mit anderen darüber sprechen konnte.

Heute, 30 Jahre nach dato, kann ich den Selbstmordversionen nach wie vor keinen Glauben schenken. Nicht, weil ich nie Zweifel gehabt hätte. Nicht, daß ich die unterschiedlichen Spekulationen nie an mich herangelassen hätte. Auch nicht, daß ich nie selbst der Verzweiflung nahe gewesen wäre, unter dem Druck der maßlosen Hetze, der ich wie die anderen Gefangenen von Anfang an ausgesetzt war: nie mit Fakten unterbreitet, sondern durchgehend aufgrund von gleichgeschalteten Sprachregelungen, Unterstellungen, Verleumdungen, Verdrehungen, Fälschungen. Nein, was mich bei jeder »zweifelsfreien Erkenntnis« aufs neue stutzig gemacht hat, war, daß ich sie – die Toten – doch besser gekannt hatte, als was da alles aufgetischt wurde.
Baaders und Raspes Tod
Zunächst einmal gibt es die bekannten Fakten, von denen die meisten inzwischen von Rechtsanwalt Weidenhammer in einem trefflichen Buch zusammengetragen worden sind.1 Zur Erinnerung fasse ich sie kurz zusammen.

Den kriminaltechnischen Ermittlungen zufolge hätte Andreas Baader sich mit einer 18 Zentimeter langen Pistole erschossen, durch einen aufgesetzten Schuß genau in der Mitte des Nackens, drei Zentimeter über dem Haaransatz, mit einer Ausschußöffnung deutlich oberhalb der Stirn-Haar-Grenze. Nach einem BKA-Gutachten, das sich auf eine Röntgenfluoreszenzanalyse stützt, konnte der Schuß aber nur aus einer Entfernung von 30 bis 40 Zentimetern (zwischen der Pistolenmündung und der Einschußstelle) abgegeben worden sein. Aus der Lage der Pistole, der Patronenhülsen und aus Schmauchspuren sowie Blutspritzern an der rechten Hand wurde geschlußfolgert, daß die Waffe mit dem Griff nach unten gehalten und mit der rechten Hand abgefeuert worden sei. In dem Wissen, daß Andreas Linkshänder war, wurde dann eine Theorie verbreitet, nach der er sich die Waffe mit dem Griff nach oben aufgesetzt haben müsse, mit der rechten Hand um den Pistolenlauf herum. Andererseits hätten Laboruntersuchungen beider Hände mit Natriumrhodizonat »keine als Schußspuren anzusehenden Anhaftungen« ergeben. Die drei in der Zelle abgefeuerten Geschosse und ihre Hülsen wurden nicht mit der aufgefundenen Waffe verglichen. So wurde weder die Tatwaffe eindeutig festgestellt noch die Reihenfolge der drei Schüsse. Eine wichtige, »tatspezifische« Probe aus Blut- und Geweberesten von der Abprallstelle (»Spur Nr. 6«) soll beim Obduzenten Professor Rauschke »verlorengegangen« sein.

Auch bei Jan Raspe konnten keine Schmauchspuren an den Händen festgestellt werden. An der bei ihm gefundenen Pistole gab es keine Spur von Blut, obwohl er offensichtlich an einem Nahschuß in die rechte Schläfe starb. Nach den Aussagen der Beamten, die ihn am Morgen in der Zelle sterbend auffanden, hätte die Pistole noch in seiner Hand gelegen. Bei einer Pistole in der Hand muß nach kriminaltechnischen Erkenntnissen grundsätzlich auf Verschleierung einer Fremdtötung geschlossen werden, weil die Waffe ansonsten durch den Rückstoß aus der Hand geschleudert worden wäre. In den Ermittlungsakten und Zeugenbefragungen sind darüber dann die unterschiedlichsten Überlegungen angestellt worden, die nur als Vertuschungsversuche gedeutet werden können. Hieß es im Bericht des baden-württembergischen Landtages noch: »Die genaue Lage der Pistole ist ungeklärt«, so wurde daraus in der Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft: »Neben seiner rechten Hand lag eine Pistole.« Ein anderer Versuch, Fremdeinwirkung auszuschließen, wurde mit der Behauptung unternommen, daß es rechts von Jan keinen Platz für eine andere Person gegeben hätte – eine Behauptung, die schon in sich einfach widerlegt werden konnte.

An den Pistolen konnten keine Fingerabdrücke gefunden werden. Obwohl sie keine Spuren von Blut aufwiesen, erklärte die Staatsanwaltschaft zuerst, »daß die Waffen so voll Blut waren, daß Spuren nicht mehr festgestellt werden konnten«. In der Folge war das Blut dann noch »eingedickt«, bevor die Waffen plötzlich »abgewischt« und schließlich von einem »Ölfilm« bedeckt gewesen seien. In den polizeilichen Kommentaren hieß es lapidar: »Wenn die Waffen vor der Tat mit einem Tuch abgewischt worden wären, dann hätten vom einmaligen Benutzen keine verwertbaren Spuren zurückbleiben können« und »Fingerabdrücke würden sich auf eingefetteten Waffen nicht halten.«2
Zweifelhafte Selbstmordthese
Gudrun Ensslin wurde erhängt an einem Stromkabel am Zellenfenster aufgefunden. Beim Versuch, sie abzuhängen, riß das Kabel sofort. Weshalb es nicht schon während des Todessturzes abgerissen war, wurde nicht hinterfragt. Am Hals wurde eine doppelte Hängespur auf beiden Seiten bis hinter den Kopf mit zusätzlicher Kammblutung festgestellt. Ein Histamintest, mit dem in der Regel festgestellt werden kann, ob die Aufhängung vor oder nach dem Tod stattgefunden hat, wurde zwar vorbereitet, aber dann doch nicht durchgeführt. Eine daktyloskopische Spurensicherung wurde nicht veranlaßt, nicht einmal am Kabel. Der Stuhl, der zum Springen benutzt sein soll, wurde ebensowenig auf Spuren untersucht wie z.B. ihre Fingernägel. Spuren von Verletzungen am Rücken, am rechten Mundwinkel, an der Nase, an der Kopfhaut und an der linken Leiste wurden festgestellt, aber nicht näher untersucht. Die Tatsache, daß Briefe und andere schriftliche Unterlagen aus der Zelle entfernt worden waren, wurde anfangs als »Beschlagnahme« bestätigt, dann bestritten, dann später von Generalbundesanwalt Kurt Rebmann teilweise zugegeben. Soweit sie heute noch existieren, sind sie nach wie vor unter Verschluß. Bei Andreas und Gudrun ist die Feststellung des Todeszeitpunkts dadurch vereitelt worden, daß den Gerichtsmedizinern acht Stunden lang der Zutritt zu den Zellen verweigert wurde.

Irmgard Möller überlebte die Todesnacht mit Schnittverletzungen an den Handgelenken und vier Messerstichen im Herzbereich. Den Ermittlungen zufolge hätte sie sich gleichsam im Harakiri mit einem kleinen, stumpfen, zum Anstaltsbesteck gehörenden Messer aus Chrom umzubringen versucht: mit großer Wucht, weil die fünfte Rippe eingekerbt und einer der vier Stiche sieben Zentimeter tief bis an den Herzbeutel eingedrungen war. In der Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft blieben davon nur noch zwei bis vier Zentimeter übrig. An dem blutverschmierten Messer konnten keine Fingerabdrücke festgestellt werden. Irmgards Versuche, ihre Röntgenbilder zu bekommen, schlugen fehl. Der Pullover, den sie trug, war nach ihrer Einlieferung ins Krankenhaus so zerrissen, daß Beschädigungen durch Messerstiche angeblich nicht mehr festgestellt werden konnten. Im polizeilichen Ermittlungsbericht heißt es: »Der Pulli ist so zerschnitten, daß seine ursprüngliche Form nicht mehr brauchbar rekonstruiert werden kann.« Und: »Stichbeschädigungen sind wegen des schlechten Zustandes nicht mit der gebotenen Sicherheit auszumachen.« In der Einstellungsbegründung der Staatsanwaltschaft liest sich das dann so: »Der von Irmgard Möller als einzige Bekleidung ihres Oberkörpers getragene Pullover war zwar auf der Vorderseite von Blut durchtränkt, jedoch nicht beschädigt; ein mit Tötungsabsicht Angreifender hätte auf die Kleidung seines Opfers erfahrungsgemäß keine Rücksicht genommen.« Irmgard hat immer von sich gewiesen, sich die Verletzungen selbst zugefügt zu haben oder daß es Absprachen zum kollektiven Selbstmord gegeben hätte.3

Keine vier Wochen später, am 12.11.1977, lag Ingrid Schubert tot in einer abgelegenen Zelle im Gefängnis München-Stadelheim. Sie befand sich seit Mitte August 1977 in diesem Knast und war wenige Stunden vor ihrem Tod aus einer anderen Zelle verlegt worden, nachdem am Tag zuvor bekanntgemacht worden war, daß in der Zelle, in der sie bis Mitte August in Stammheim gewesen war, ein Versteck mit Sprengstoff gefunden worden sei. Ingrid soll sich mit einer Schleife, die aus drei Bettlakenstreifen geflochten war, erhängt haben. Die Bettlakenstreifen bestanden aus fester Baumwolle von etwa acht mal 240 Zentimeter. Die Reißmuster der einzelnen Streifen stimmten nicht miteinander überein. Das heißt, daß sie entweder nicht vom restlichen Bettlaken in der Zelle stammten, oder daß es zwischen ihnen zusätzliche Stücke gab, die aber spurlos verschwunden sind. Hätte Ingrid das Bettlaken selbst zerrissen, so hätten sich irgendwo in der Zelle Textilfaserspuren finden müssen. Den kriminaltechnischen Ermittlungen zufolge aber »konnten an keinem der vorliegenden Kleidungsstücke Baumwollfadenbruchstücke festgestellt werden, wie sie zwangsläufig beim Zerreißen von Stoff wie dem Bettlaken entstehen«. Nach einem Besuch ihres Vaters zu ihrem 33. Geburtstag hatte Ingrid zuletzt noch am 10.11.1977 mit einem Rechtsanwalt gesprochen, über einen Antrag auf Verlegung nach Frankfurt-Preungesheim. Dabei hatte sie einen »zunehmend aufgeschlossenen« Eindruck hinterlassen. Ihre Angehörigen können sich bis heute nicht vorstellen, daß sie sich aus Resignation oder Verzweiflung umgebracht hätte.

Ulrike Meinhof war schon am 9.5.1976 unter ähnlichen Umständen in ihrer Zelle aufgefunden worden. Sie hing mit dem Kopf in einer Schlinge, die so weit war, daß sie nur nicht herausgefallen ist, weil sie mit ihrer linken Ferse fest auf einem Stuhl abgestützt war. Einem Stuhl, der auch nur durch die Leichenstarre im Gleichgewicht gehalten wurde, weil er mit einer unterliegenden Matratze und Wolldecken erhöht worden war. Das Stuhl­arrangement sowie der in einem normalen Winkel aufgesetzte Fuß widersprechen den primitivsten kriminaltechnischen Kriterien für einen Sprung in den Selbstmord. Die typischen Merkmale für einen Strangulationstod durch Erhängen, wie die Verschiebung von Halswirbeln oder, beim Fehlen eines Genickbruchs, Blutungen in den Augenbindehäuten, konnten auch nicht entdeckt werden. Dagegen gab es Quetschungen und Blutergüsse an den Beinen und Hüften, die nicht vom Stuhl herrühren konnten. Die Internationale Untersuchungskommission, die sämtliche Unterlagen zu Ulrikes Tod untersucht hat, legte den Schluß nahe, daß sie tot war, als sie aufgehängt wurde, und daß die Indizien eher auf Erwürgen oder Erdrosseln hätten schließen lassen müssen.4 Der Strick, mit dem Ulrike sich am Zellenfenster erhängt haben soll, bestand aus einem Handtuchstreifen von etwa vier Zentimeter Breite. Spätere Versuche ergaben, daß ein Strick aus diesem Material und in dieser Breite bei jeder plötzlichen Belastung sofort hätte reißen müssen. Im Bericht der gerichtsmedizinischen Untersuchung war dieser Streifen 68 Zentimeter lang, mit einem zusätzlichen Doppelknoten unter dem Kinn – zu lang für eine glaubwürdige Erhängung. In der darauffolgenden Obduktion wurde die Länge des Streifens dann kurzerhand auf 51 Zentimeter festgeschrieben. Weiter wurde dem Obduzenten Professor Rauschke vom damaligen Generalbundesanwalt Buback ein Aussageverbot gegenüber dem von der Familie bestellten Nachobduzenten erteilt.

Dazu ist zu wissen, daß Rauschke, der sämtliche gerichtsmedizinischen Untersuchungen in Stammheim geleitet hat, nach meiner Einschätzung immer dann herangezogen wurde, wenn es etwas zu vertuschen gab. Im Mai 1975 »übersah« er bei Siegfried Hausner die schweren Schädelverletzungen durch Kolbenhiebe, die zu dessen Tod geführt hatten. Im Oktober 1979 tauchte er beim Diktator Mobutu in Zaire auf, wo er sich offensichtlich mit der Obduktion von sieben Leichen beim Verschleiern eines OTRAG-Raketenunfalls nützlich gemacht hat.5

Weder von Ulrike Meinhof noch von Ingrid Schubert wurden Hautproben für einen Histamintest genommen, mit dem hätte festgestellt werden können, ob die Aufhängung vor oder nach dem Tod stattgefunden hat. Toxikologische Tests wurden nur auf wenige Stoffe beschränkt, wie eines der Gutachten feststellte: »Mit den angewandten Methoden werden folgende Substanzgruppen nicht erfaßt: anorganische Verbindungen, tierische und pflanzliche Giftstoffe, die meisten Pflanzenschutzmittel und Schädlingsbekämpfungsmittel sowie viele als Pharmaka nicht verwendete organische Verbindungen.«

Wenn es in all dem »keinerlei Anhaltspunkte« für Fremdeinwirkung gegeben haben soll, so frage ich, was da für Selbstmord spricht.
»Nicht Tod, sondern Leben«
Wichtiger ist mir aber, daß wir Selbstmord als Entscheidung oder Mittel in unserem Kampf immer abgelehnt haben. Eine »Diskussion über Selbstmord« hat es in der Gruppe nicht gegeben, weil bei uns Politik und persönliche Identität in eins gesetzt waren, bestimmt an den politischen Zielen, in der Gefangenschaft wie in der Illegalität. Im Knast ist das nur noch schärfer: Da läßt du dich nicht so einfach kleinkriegen, machst es dem Apparat so schwer wie nur möglich. Aufstehen, weiterkämpfen, leben, Widerstand – die »Waffe Mensch«. Oder wie Gudrun schrieb: »Wir können gar nicht damit aufhören, die Verhältnisse vom Kopf auf die Füße zu stellen, haben erst angefangen. Nicht Tod, sondern Leben.«6

Von seiten des Staates wurde seit den Anfängen der RAF kein Geheimnis daraus gemacht, daß die Bande aufgerollt und ihre Schlüsselfiguren ausgeschaltet werden müßten.7 Da sollten ausgerechnet die, die für uns am meisten Orientierung waren, sich selbst umgebracht, die Gruppe ohne Kader gelassen, den Bullen die Arbeit abgenommen haben? Die Konstruktionen und Interpretationen, die es dazu inzwischen gibt, lassen sich überhaupt in keine einzige politische Bestimmung einpassen. Leute wie Ulrike und Andreas hätten es dem Staatsschutz nie so leicht gemacht, sich selbst aus dem Weg zu räumen. Ich kann mir Selbstmord auch nur als eine individuelle Entscheidung vorstellen, nicht mehr weiter zu können, als Aufgeben, als das Ende des Willens und der Politik. Ich habe es in den schlimmsten Momenten nicht versucht, nicht mal in Erwägung gezogen. Egal, ob das eine als Mord inszenierte Strategie sein soll, ein Akt der »Befreiung« oder eine Sache der Verzweiflung, es wäre ein Zugeständnis gewesen, daß alles aus sei.

Dazu gab es aber keinen Grund. Abgesehen von der militärischen Niederlage in den festgefahrenen Geiselnahmen, hat die Situation 1977 politisch noch für die RAF gewirkt. Alles sprach damals für Kontinuität. Die Gefangenen waren intensiv beschäftigt mit den Verfahren, mit den Texten, die veröffentlicht werden sollten, und mit internationalen Diskussionszusammenhängen, in denen sie auch ein Stück Verantwortung hatten. Egal welche Perspektive eingenommen wurde – rauszukommen oder nicht – unser Kampf ging einfach weiter. Jeder und jede hatte dazu auch Lust. Wir sahen uns in einem Prozeß, in dem der Kampf in der Gefangenschaft eine sich noch potenzierende Wirkung erzeugt hatte – eine Wirkung, die kurz- oder langfristig durch einen Selbstmord nur in Desorientierung gekippt wäre.

Die Vehemenz, mit der vom Staatsschutz bis zur Bundesregierung jedem Zweifel am Selbstmord der Gefangenen begegnet worden ist, hat vielen zu denken gegeben. Deshalb wurden eiligst die abenteuerlichsten Konstruktionen verbreitet, die die Herkunft der Waffen nachträglich glaubhaft machen sollten: Sprengstoff in der Unterhose, Waffen in Gerichtsakten durch die peniblen Kontrollen des Wachpersonals geschleust. Verstecke in zehn verschiedenen Zellen mit Schraubenziehern in massivem Beton der Güteklasse »B600« ausgehöhlt. Eine Waffe in einem mehrmals vorenthaltenen und kontrollierten Plattenspieler, von der einen Zellenverlegung zur anderen gewandert. Ein phantastisches Kommunikationssystem aus Leitungen, Lötstellen, Lautsprechern, Mikrofonen und Radios ...

Entsprechend dürftig ist die Beweisführung, für die der »Kronzeuge« Volker Speitel und sein Gefolge aufgeführt wurden, um Waffentransporte in den Stammheimer Trakt plausibel zu machen. Speitel, der bei seiner Verhaftung nach eigenen Angaben »wahnsinnige Angst« hatte, wurde mit Maßnahmen des Jugendamts gegen seinen achtjährigen Sohn unter Druck gesetzt. Seit den ersten Zeugenvernehmungen gegen uns (Ruhland, Brockmann, Müller) wissen wir, wie Belastungszeugen mit Formulierungen vom Staatsschutz gefüttert wurden, Passagen auswendig zu lernen. In den wenigen Prozessen, in denen sie auftauchen mußten, wurden ihre Aussagegenehmigungen eingeschränkt. Sobald sie vom vorgestanzten Schema abwichen (wie Peter-Jürgen Boock, der davon lebt), widersprachen sie sich gegenseitig und verhedderten sich in Interpretationen »vom Hören-Sagen«.

Ich habe sie sechs Monate lang erlebt, die Leibesvisitationen, Rollkommandos und Zellenverlegungen in Stammheim. Im Prozeß gegen die Rechtsanwälte Arndt Müller und Armin Newerla, die des teilweise »unwissentlichen« Waffentransports beschuldigt wurden, hat es Aussagen von mehr als dreißig Beamten gegeben, die diese Transporte in Zweifel zogen. Und alle, die Irmgard Möller länger kennen, wissen, daß sie nicht lügt. Ihre Erklärungen sind seit 30 Jahren in sich konsistent. Da gibt es keine Widersprüche.
Kein Frieden mit den Verhältnissen
Über den wahren Verlauf der Stammheimer Todesnacht wissen wir bis jetzt nichts. Aus Berichten der RAND-Corporation (einem neokonservativen Thinktank aus den USA) und der CIA ist bekannt, daß die RAF 1977 als eine der drei gefährlichsten Gruppen eingeschätzt wurde, und daß die Nachrichtendienste sich darin einig waren, das Problem der Guerilla mit der Liquidierung ihrer »Symbolfiguren« lösen zu können. Beamte des BND hatten freien Zugang zum Stammheimer Trakt. Es gab einen direkten Zugang von außen in den Trakt über ein abgesondertes, abgeschirmtes Treppenhaus. Einiges, was wir uns so vorstellen können, trägt die Handschrift des israelischen Auslandsgeheimdienstes Mossad, dessen Abteilungschef Gideon Mahanaimi 1986 zugab, »befreundeten Diensten« mit dem »Töten von Terroristenchefs« behilflich gewesen zu sein. Es ist auch bekannt, daß der BND dem Mossad in verschiedenen deutschen Gefängnissen Zugang zu palästinensischen Gefangenen verschafft hat, daß vom Mossad in Afrika und Lateinamerika ausgebildete Aufklärungsexperten Gefangene umgebracht haben und daß der Mossad als der kleinste Nachrichtendienst vergleichsweise die wenigsten Verratsfälle verzeichnet.8

Natürlich wissen wir nicht, wie die »Amtshilfe« genau ausgesehen hat, wer im Apparat tatsächlich davon gewußt oder wer davon nur Vermutungen gehabt hat. Der Countdown zur Todesnacht konnte genau verfolgt werden, als die psychologische Kriegführung gegen die Stammheimer Gefangenen hochgezogen wurde – nach den ersten Befreiungsversuchen in Stockholm 1975 und in Entebbe 1976. Aktionen der RAF würden »aus den Zellen gesteuert«, die RAF hätte Angriffe auf Kernkraftwerke und Kinderspielplätze geplant, der »Spuk« sei nur »mit neuen Mitteln« zu beseitigen. Gesetzliche und ungesetzliche Maßnahmen steigerten sich in der Eskalation der letzten drei Monate: ein als Provokation veranstalteter Überfall auf die Gefangenengruppe in Stammheim, die Beschlagnahme der Klageschrift an die Europäische Menschenrechtskommission, die Verhaftung der Rechtsanwälte und Komiteemitarbeiter, ein Bombenanschlag auf die Stuttgarter Anwaltskanzlei. Bei jedem Geschehen draußen wurden die Gefangenen wie Geiseln mit dem Entzug von Kontakten und Nachrichten bestraft, bis zur Zuspitzung in der »Kontaktsperre«, die ihnen den letzten Rest von Schutz entzog. Bekanntlich hat in der Todesnacht nicht einmal die Videoanlage im Flur des Stammheimer Hochsicherheitstrakts funktioniert.

Vor dreißig Jahren schrieb der Pflasterstrand noch unverhüllt: »Wir schrecken zurück vor der Mordthese, die – wie auch immer im Detail– eine verdammt ernste Konsequenz hätte.« und weiter: »Mord: das hieße, daß es in der BRD zumindest gegenüber bestimmten Gruppen offenen Faschismus gibt und das heißt, daß wir endgültig und absolut nicht so weiterleben können wie bisher.«9 Heute wird kaum noch etwas hinterfragt, wenn staatstragende »Sperrmüllproduzenten« (wie Peter Chotjewitz sie nennt) oder welche aus unseren früheren Zusammenhängen sich mit dem Kronzeugengelaber um »gesellschaftliche Anerkennung« bemühen. Für sie ist »Mord oder Selbstmord« tatsächlich zur »Glaubensfrage« geworden, weil ihr Bezug zur Geschichte der Frieden mit den bestehenden Verhältnissen geworden ist. Den Widerspruch zum Selbstmord versuchen sie noch mal mit dem wahnwitzigen Konstrukt einer behördlichen Komplizenschaft zu lösen – beim Selbstmord, versteht sich. Im großen Konzert sollen damit wieder rechtzeitig zum soundsovielsten Jahrestag gleich aus allem, was von den Gefangenen bekannt ist, »linke Legenden« gemacht werden, aus Lügen »Reue«, und aus denen, die weiterhin zu ihrer Geschichte stehen, »Hardliner«.

Anscheinend sollen damit auch die Stammheimer Gefangenen ein zweites Mal umgebracht werden, denn der »zweite Tod« im biblischen Sinne ist ja die endgültige Abweisung der Verdammten in die Hölle, weil sie sich geweigert haben, Reue zu zeigen. Für Dante war er der ehrenwerteste.

Fakt bleibt, daß das letzte Wort zu unserer Geschichte noch nicht gesprochen ist. Auch wenn so manche das nicht wahrhaben wollen.



1 Karl-Heinz Weidenhammer, Selbstmord oder Mord? Todesermittlungsverfahren Baader:Ensslin Raspe, Neuer Malik Verlag, Kiel 1988

2 Kriminaloberkommissar Günter Textor in der Frankfurter Rundschau, 27.10.1977 und 14.12.1977

3 Vgl. Oliver Tolmein, »RAF – Das war für uns Befreiung«; Ein Gespräch mit Irmgard Möller über bewaffneten Kampf, Knast und die Linke, Konkret Literatur Verlag, Hamburg 2002

4 Vgl. Bericht der Internationalen Untersuchungskommission. Der Tod Ulrike Meinhofs, Reprint, Unrast Verlag, Münster 2007

5 Informationsdienst zur Verbreitung von unterbliebenen Nachrichten, 7.11.1979. Die deutsche Firma Orbitaltransport und Raketen AG erprobte Raketenantriebssysteme

6 Eine Sammlung aller RAF-Dokumente befindet sich im Internationalen Institut für Soziale Geschichte in Amsterdam. Die Sammlung wird demnächst auch digital zur Verfügung stehen. Die Website befindet sich derzeit in Bearbeitung: labourhistory.net/raf

7 Vgl. Reinhard Rauball, Die Baader-Meinhof Gruppe, Verlag Walter De Gruyter, Berlin 1973

8 Vgl. Le Soir, 13.1.1986, und Der Spiegel, 29.10.1979

9 Pflasterstrand, Dezember 1977

Quelle

Als zweiten Artikel zum Thema:

"rf-news": RAF-Häftlinge: Staatsapparat wusste bestens über ihre Pläne Bescheid, ohne sie zu verhindern

10.09.07 - Um die bürgerliche "Terrorismus"-Propaganda zu steigern und den Weg für den weiteren Abbau bürgerlich-demokratischer Rechte und Freiheiten frei zu machen, wird der bevorstehende 30. Jahrestag der Ermordung des früheren Unternehmerverbandschefs Hanns-Martin Schleyer mediengerecht genutzt. Vor allem sollen der Kommunismus und die revolutionäre Weltanschauung, die die RAF angeblich vertrat, zur "Wurzel des Terrorismus" erklärt werden.

In Wirklichkeit handelte es sich um eine anarchistische Gruppe, die gesellschaftliche Veränderungen ohne und gegen die Volksmassen durch individuellen Terror herbeiführen wollte. Das war nicht nur eine Illusion, sondern lieferte dem Staatsapparat willkommene Vorwände zur Faschisierung seiner Herrschaftsmethoden. Dass dabei weit über die ohnehin verschärfte Gesetzeslage hinaus gegangen wurde, wird nun aber ebenfalls teilweise enthüllt, obwohl es jahrzehntelang geleugnet wurde.

So waren in verschiedenen Zellen und Gemeinschaftsräumen in der Justizvollzugsanstalt Stuttgart-Stammheim Wanzen installiert worden, um die Gespräche der RAF-Häftlinge abzuhören. Auch ein von ihnen selbst eingerichtetes geheimes Kommunikationssystem, das über die Stromleitungen der Haftanstalt lief, zapften Staatsschutz und Geheimdienste an. Ebenso wurden verschlüsselte Botschaften, die aus dem Gefängnis an die untergetauchten RAF-Mitglieder oder Haftlinge in anderen Anstalten geschmuggelt wurden, gelesen und entziffert.

Daraus ging unter anderem hervor, dass die RAF-Häftlinge teilweise über Waffen verfügten und ihre Selbsttötung planten. Dennoch schritten die Staatsorgane nicht dagegen ein und nahmen demzufolge den Tod der Gefangenen billigend in Kauf. Offenbar sollten mit der bis heute dubiosen Selbsttötung zunächst von Holger Meins, dann von Ulrike Meinhof und schließlich von Andreas Bader, Gudrun Ensslin und Jan-Carl Raspe die Botschaft eines triumpierenden Staatsapparats verbreitet und weitere Vorwände für die Einschränkung der Rechte politischer Gefangener geschaffen werden.

Nicht nur über die Pläne der RAF-Häftlinge wussten die Staatsorgane Bescheid, sie waren auch selbst an ihrer Umsetzung beteiligt. So versorgten sie verschiedene RAF-Mitglieder außerhalb der Gefängnisse über V-Leute des Verfassungsschutzes mit Waffen, wie im ersten Teil der ARD-Sendung "Die RAF" gestern enthüllt wurde. 30 Jahre nach dem Mord an Hanns-Martin Schleyer prüft die Staatsanwaltschaft inzwischen auch Aussagen des früheren RAF-Mitglieds Peter-Jürgen Boock, wonach Stefan Wisniewski und Rolf Heisler im Oktober 1977 die tödlichen Schüsse auf Schleyer abgegeben haben. Von Stefan Wisniewski ist ebenfalls bekannt, dass er eng mit dem Verfassungsschutz zusammen arbeitete.

Dies und weitere Fakten werfen eine Menge kritischer Fragen zum "Phantom" der "Rote Armee Fraktion" (RAF) auf, die erwiesenermaßen auch in den 1980er Jahren mit verschiedensten Geheimdiensten in Ost und West durchsetzt war. Zugleich muss die antikommunistische Stoßrichtung der gegenwärtigen RAF-Inszenierung in den Medien aufgedeckt und mit der Diskussion über echte sozialistische und revolutionäre Alternativen zum Kapitalismus und Imperialismus verbunden werden.

Quelle
Macht euch bereit für die Notfallproteste! Macht euch bereit für die Notfallproteste!

Donnerstag, 6. September 2007

Hungerstreik in Büren dauert an

Der zeitgleich mit der Demonstration gegen Abschiebeknäste am 2.9.2007 gestartete Hungerstreik von 60 Häftlingen in der JVA Büren dauert weiter an. Die Knastleitung streut falsche Informationen.
Immer noch befinden sich 60 Häftlinge des Abschiebeknastes in Büren im Hungerstreik. Die Knastleitung um Anstaltsleiter Strohmeyer erklärte jetzt den Streik für beendet, nachdem sie in den letzten Tagen bereits die Zahl der Protestierer zielstrebig nach unten gelogen hat.

Bereits am 04.09.07 sind drei der Hungerstreikenden aus der JVA entlassen worden. Unter ihnen ist auch Noel Asanga Fon, der inzwischen eine Duldung erreicht hat.
Noel Asanga hat aus der Haft zwei offene Briefe und einen Redebeitrag geschrieben, der auf der Demonstration gegen Abschiebeknäste am 2. September stellvertretend von der Demoleitung verlesen worden war (nachzulesen unter http://www.bueren-demo.de). Offiziell wurde er wegen eines formalen Fehlers aus der JVA entlassen, vermutlich wollte die Knastleitung jedoch nur einen unangenehmen Wortführer loswerden.
Die anderen Häftlinge halten weiter durch, und sie hoffen auf breite Unterstützung und Solidarität von außen!
Insbesondere kritisieren sie:
- die illegale Inhaftierung bis zu 18 Monate, ohne eine Straftat begangen zu haben;
- die Ausbeutung im Knast: Häftlinge arbeiten für 50 ct pro Stunde, private Firmen zahlen bis zu 20 € pro Stunde an die Gefängnisleitung; Gleichzeitig müssen die Häftlinge überteuerte Lebensmittel im Kiosk kaufen. Schließlich sollen sie auch noch für die Inhaftierung und die Abschiebung bezahlen - bis zu 14.000 EURO!
- die psychische, spirituelle und mentale Zerstörung der Eingesperrten durch die rassistische Behandlung, durch die Unsicherheit, was nach der Haft passieren wird und durch die "alltäglichen" Menschenrechtsverletzungen im Knast;
- die schlechte und lächerlich wirkende Häftlingskleidung zur Belustigung des Schließpersonals;
- den Zwang, Dokumente unterschreiben zu müssen, deren Sinn und Auswirkungen sie nicht verstehen; Anwälte/innen und Dolmetscher/innen können sie sich nicht leisten.
- die Bestrafung von Häftlingen durch Einzelhaft im Keller der JVA in sog Arrestzellen.

Außerdem fordern sie die Freilassung aller Häftlinge aus Abschiebeknästen und ein Ende der Abschiebehaft.

Die Knastleitung scheint über die Widerstandshandlungen der Häftlinge zunehmend nervös zu werden und betreibt eine zielstrebige Desinformationspolitik. Die einzige Waffe, die die Gefangenen haben, ist die Herstellung von Öffentlichkeit!
http://www.bueren-demo.de
Macht euch bereit für die Notfallproteste! Macht euch bereit für die Notfallproteste!

Freitag, 24. August 2007

G8 Heiligendamm: Klage wegen Tornado-Aufklärung eingereicht

G8 Heiligendamm: Klage wegen Tornado-Aufklärung eingereicht
* Gegen Militarisierung im In- und Ausland

Rechtsanwalt Sönke Hilbrans reicht heute beim Verwaltungsgericht in Schwerin eine Klage wegen der Tornado-Einsätze während des G8-Gipfels ein. Die Tornado-Überflüge hatten im Juni weltweit für Aufsehen gesorgt. Mit dem Einsatz sollte die Verwendung der Bundeswehr in Innern weiter normalisiert werden. Dem wollen die Kläger Einhalt gebieten.
Die drei Betroffenen wurden am 5. Juni von Aufklärungskameras der „RECCE-Tornados“ des Bundeswehr- Aufklärungsgeschwaders 51 "Immelmann" über dem Camp Reddelich gefilmt. Ein Kläger gehörte zu den Pächtern des Camp-Geländes. Die Bundesregierung hat die „optische und Infrarotaufklärung im tiefen und mittleren Höhenbereich“ bereits zugegeben. Neben umfangreichen Flügen im Norden Mecklenburg-Vorpommerns wurde auch ein linkes Festival-Gelände auf dem Flughafen Lärz bei Neuruppin überflogen. Laut dem Bericht des Innenministers Caffier (CDU) vor dem Innenausschuß des Landtags wurde dort der Standort einer 8 Meter langen Skulptur eines Gürteltiers kontrolliert.
Die Klage stützt sich wesentlich auf das Grundgesetz. Dort wird der Einsatz der Bundeswehr zur Wahrnehmung von Polizeiaufgaben im Innern lediglich für Hilfeleistung in schweren Notfällen oder zur Aufstandsbekämpfung legitimiert.
In Reddelich hingegen wurde mit militärischen Mitteln polizeiliche Aufklärung betrieben. Dabei wurde massiv in Bürgerrechte und informationelle Selbstbestimmung eingegriffen. „Neben dem Eingriff in Persönlichkeitsrechte wollte die Bundeswehr VersammlungsteilnehmerInnen einschüchtern“, kritisiert Hanne Jobst von der Gipfelsoli Infogruppe.
"Der Einsatz der Bundeswehr im Innern an Stelle der Polizei überschreitet eine bis dahin sicher geglaubte verfassungsrechtliche Grenze“, kommentiert Rechtsanwalt Hilbrans als Verfahrensbevollmächtigter.
„Während des G8- Gipfels haben die Sicherheitskräfte mit einigen Tabubrüchen experimentiert, aber dieser
ist einer der augenfälligsten. Bundeswehr und Polizei sind eindeutig zu weit gegangen".
"Der Protest in Heiligendamm richtete sich explizit gegen die zunehmende Militarisierung im In- und Ausland“, erläutert Hanne Jobst von der Gipfelsoli Infogruppe. „Damit kommt auch der Klage eine besondere Bedeutung zu“.
Neben den Protesten am Flughafen Laage hat es im Rahmen der G8-Proteste verschiedene Blockaden, Kundgebungen und Demonstrationen, aber auch „Direkte Aktionen“ gegen Militäreinrichtungen gegeben.
Indes bleiben 3 Beschuldigte im Verfahren wegen angeblicher Mitgliedschaft in der „militanten gruppe“ weiter in Haft. Die drei werden beschuldigt, Militärfahrzeuge der Bundeswehr in Brand gesetzt zu haben.
Kontakt:
* RA Sönke Hilbrans: +49 30 446792 16 | www.diefirma.net | kanzlei@diefirma.net
* Gipfelsoli Infogruppe: +49 160 953 14 023 | www.gipfelsoli.org

Quelle: Pressemitteilung 23. August 2007
Macht euch bereit für die Notfallproteste! Macht euch bereit für die Notfallproteste!

Donnerstag, 9. August 2007

Wer hat meine Daten?

Immer wieder nett und ein weiterer Grund für die Demonstration "Freiheit statt Angst" am 22.9.2007 in Berlin: Der Journalist Erich Schütz verfolgt seine Datenspuren.
Jeder Kauf mit Kundenkarte, jeder Besuch auf Internetseiten hinterlässt Spuren, die von Datenhändlern begierig gesammelt, ausgewertet und verkauft werden. Vorlieben, Leidenschaften, selbst geheime Wünsche von jedem von uns werden gespeichert und in Umlauf gebracht, zu Nutzerprofilen zusammengefasst und transparent gemacht.

Der Journalist Erich Schütz hat zusammen mit Detlev Koßmann seine eigenen Datenspuren verfolgt und war verblüfft, was mit seinen Daten so alles passiert.
Gefunden bei netzpolitik.org, wo es auch Links zum Ansehen des Filmes gibt.

Macht euch bereit für die Notfallproteste! Macht euch bereit für die Notfallproteste!

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Aktuelle Beiträge

Quintal Encantado Sobre...
Adoramos fazer mas essa decoração e também agradecemos...
festajardimencantado.com (Gast) - 29. Sep, 14:21
Spendensammlung "Protect...
Beinahe eine Punktlandung - gestern um 23:49 stand...
racethebreeze - 3. Jan, 13:00
zu Ikea-Möbel - Holz...
Der Artikel ist sehr einseitig und wird der Realität...
Spiecker (Gast) - 3. Jan, 11:21
Freiburg: Übergriffe...
Am gestrigen Samstag kam es bei der Demonstration von...
racethebreeze - 7. Dez, 18:53
AKW Mühleberg Risse Schweissnähte...
AKW Mühleberg Risse Schweissnähte 10 cm Länge !! VERTIKALE...
AKW Mühleberg (Gast) - 14. Okt, 05:45

Support

Follow robertdebreeze on Twitter

RSS Feeds

Ava DuVernay, Javier Bardem, Olivia Colman und Mark Ruffalo unter...
Logo der Filmworkers for PalestineIn einer historischen...
Der "Teufel zu Mallerbach" – die Wiederentdeckung der Wallfahrtskapelle...
Am 24. März 1524 wurde die nahe dem Städtchen Allstedt...
Unsere Hände sind leer, bis auf die Geschichte oder: wenn der...
Ich werde am 27. und 28. September mit „Strangers in...
Der Antimilitarismus der Dummköpfe
Wie westliche Linke und Anarchisten „passende” Stimmen...
Neuer A 100 Abschnitt eröffnet
Foto: © Björn Obmann via Umbruch BildarchivBegleitet...
Blogkino: Scandal (1950)
Heute zeigen wir in unserer Reihe Blogkino einen weiteren...
Polizei versucht weiter großen Antikriegsprotest zu delegitimieren
Plakat: "Rheinmetall entwaffnen!"Am Samstag fand eine...
Blogkino: Twenty-Four Eyes (1954)
Heute zeigen wir in unserer Reihe Blogkino einen Klassiker...

Twitter Status

Suche

 

Status

Online seit 6761 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 29. Sep, 14:21

Credits

Web Counter-Modul