Mittwoch, 30. Januar 2008

Von wegen »Machtergreifung«

Der Bundessprecherkreis der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes-Bund der Antifaschisten (VVN-BdA) veröffentlichte am Montag folgende Erklärung zum heutigen 75. Jahrestag der Machtübergabe an den deutschen Faschismus:

Der 30. Januar 1933 markiert in der deutschen Geschichte den Anfang einer zwölfjährigen verbrecherischen Herrschaft, die mit Verfolgung, Rassenpolitik und Krieg Vernichtung und Zerstörung über weite Teile Europas brachte.

Wer hierbei von »Machtergreifung« spricht, verfälscht die Geschichte:

– Wir erinnern daran, daß sich einflußreiche Vertreter von Banken, der Schwerindustrie, der Großagrarier und des Militarismus schon 1932 für die Machtübertragung an die NSDAP ausgesprochen haben.

– Wir erinnern an das Bankhaus Schröder, in deren Räumen der Weg für die Errichtung der faschistischen Herrschaft geebnet wurde.

– Wir erinnern daran, daß es der gewählte Reichspräsident war, der Hitler und der NSDAP die Macht übertrug.

– Wir erinnern daran, daß auch bürgerliche Parteien durch ihre Zustimmung zum Ermächtigungsgesetz 1933 am Abbau von Demokratie und Freiheitsrechten mitgewirkt haben.

Der Aufstieg der NSDAP kam nicht »über Nacht«. Es ist bis heute eine wichtige Erkenntnis, mit welchen ideologischen Mustern die NSDAP und ihre Stiefelfaschisten der SA schon in der Weimarer Republik ihren politischen Einfluß ausbauen konnten:

– Rassismus – das Feindbild des »Fremden« richtete sich insbesondere gegen jüdische Menschen in Deutschland und anderen Ländern,

– Antikommunismus – die Agitation der NSDAP und der Straßenterror der SA richteten sich vor allem gegen die Kräfte der Arbeiterbewegung, ihre Parteien, Massenorganisationen und Gewerkschaften.

– Soziale Demagogie – das Versprechen an die jungen Generationen, das Elend der Arbeitslosigkeit ohne gesellschaftspolitische Veränderungen beseitigen zu können, an die Bauern, ihre verzweifelte Lage durch die Beseitigung der Schuldzinsen zu verbessern, an die Kleingewerbetreibenden, sie vor der ausländischen oder »jüdischen« Konkurrenz zu schützen.

– Antidemokratismus – die politische Schwäche der Republik sollte durch einen autoritären Staat und einen starken »Führer« überwunden werden.

– Nationalismus und Militarismus – die »Schmach der Niederlage« müsse getilgt werden, Großdeutschland müsse wieder eine neue Rolle in der Welt spielen.

Diese ideologischen Muster sind bis heute – nicht allein bei Neofaschisten – aktuell. Dieser Jahrestag erinnert nicht nur an den Beginn der Katastrophe für Deutschland und Europa, er zeigt auch die politischen Voraussetzungen des Weges in die Katastrophe.

Unsere Erinnerung an den 30.Januar 1933 muß aber auch mit dem Gedenken an diejenigen verbunden sein, die meist schon in der Weimarer Republik antifaschistischen Widerstand gegen den Vormarsch der NSDAP und die Errichtung der faschistischen Herrschaft geleistet haben. Sie zeigen uns, daß Widerstand möglich ist, wenn er rechtzeitig auf breitester politischer Basis geleistet wird. Auch dies ist eine wichtige Lehre der Geschichte.

Nie wieder Faschismus! Nie wieder Krieg!

Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen!
Macht euch bereit für die Notfallproteste! Macht euch bereit für die Notfallproteste!

Dienstag, 29. Januar 2008

Naziaktivitäten in Leipzig

In der Nacht auf den 28. Januar wurden im gesamten Stadtgebiet von Leipzig Plakate mit Portrait-Aufnahmen von AntifaschistInnen geklebt. Die Bilder, welche von sogenannten „Anti-Antifa-FotografInnen“ der „Freien Kräfte Leipzig“ gemacht wurden, sind auch auf deren Internetseiten veröffentlicht.
Macht euch bereit für die Notfallproteste! Macht euch bereit für die Notfallproteste!

Broschüre zur NPD in Parlamenten erschienen

redblog meldet die Veröffentlichung der Broschüre zur Auseinandersetzung mit der NPD in Parlamenten. Auch wenn ein Verbot dieser Partei erstrebenswert ist, muss sich bis zu dessen Realisierung mit der NPD inhaltlich auseinandergesetzt werden. Für diese Auseinadersetzung bietet die Broschüre eine Handreichung. Im Vorwort der Broschüre, die nicht nur für Berliner Verhältnisse, sondern auch in anderen Kommunen Anwendung finden kann, heißt es:

Die vorliegende Broschüre analysiert die Kernbereiche des politischen Programms der NPD, der aktuell erfolgreichsten Vertreterin des deutschen Neonazismus. Ihr Programm basiert auf einer völkischen Ideologie, es vereint Rassismus, Nationalismus und eine Verherrlichung des Nationalsozialismus mit scheinbar sozialistischen Schlagworten. Im Parteiprogramm wird das Ideengut der »Neuen Rechten« übernommen und versucht durch pseudowissenschaftliche Begründungen zu überzeugen.
Die Auseinandersetzung mit rechtsextremen Ideologien ist eine Grundvoraussetzung für zivilgesellschaftlichen und antifaschistischen Widerstand.
Es sind Inhalte, die als rechtsextrem erkannt werden müssen, und nicht nur Personen oder Strukturen.


Download [pdf]

Die neue Broschüre der Initiative Nazis in den Parlamenten (NiP) gibt einen Einstieg in die Ideologie der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD). Auf 40 Seiten werden die Kernbereiche des politischen Programms der NPD analysiert.
Macht euch bereit für die Notfallproteste! Macht euch bereit für die Notfallproteste!

Sonntag, 27. Januar 2008

Sicherer surfen: Privatix Livesystem

Eine praktische Alternative:
Nicht alle, die bei der Internetnutzung und Kommunikation auf Privatsphäre wert legen oder sensible Daten bearbeiten, haben hierfür immer einen eigenen PC mit entsprechend sicher eingerichtetem und mit den nötigen Tools ausgestattetem Betriebssystem zur Verfügung bzw. können oder wollen diesen ständig mitnehmen.

Deshalb gibt es die Privatix Live-CD. Dabei handelt es sich um ein von CD-ROM oder USB-Stick lauffähiges und einfach zu bedienendes Betriebssystem zur sicheren, mobilen und vor allem Privatsphäre erhaltenden Internetnutzung und Kommunikation sowie zur sicheren Bearbeitung und Verschlüsselung privater Daten.

Hierfür ist neben Standardanwendungen wie z.B. Browser, eMailprogramm, Textverarbeitung und Bildbetrachter zahlreiche Datenschutz- und Verschlüsselungssoftware eingebunden.

Da das komplette Betriebssystem und alle Anwendungen zur Laufzeit von CD oder USB-Stick geladen werden, sind auf dem jeweils verwendeten PC weder freier Speicherplatz noch eine Installation oder bestimmte Betriebssysteme oder Programme erforderlich.

So kann mensch - ohne der Sicherheit des dortigen, unter Umständen mit Trojanern und Keyloggern verseuchten Betriebssystems vertrauen oder bestimmte Tools voraussetzen zu müssen - fremde Computer nutzen und trotz dieser Mobilität hohe Datenschutzstandards wahren.

Private Daten und Einstellungen, wie z.B. Dokumente, eMails oder PGP-Schlüssel werden dabei z.B. auf einem verschlüsselten USB-Stick gespeichert und bleiben so selbst bei Verlust oder Diebstahl durch ein Passwort geschützt.

So können auch Personen ohne eigenen, festen oder dauerhaft zugänglichen Computer bequem und sicher eMailverschlüsselung nutzen, Ihre eMails auch offline bearbeiten, verschlüsselt und anonym chatten und surfen oder private Daten sicher bearbeiten und verschlüsselt aufbewahren.

Macht euch bereit für die Notfallproteste! Macht euch bereit für die Notfallproteste!

Digitalisierung der feministischen Zeitschrift *COURAGE*

Digitalisierung der feministischen Zeitschrift *COURAGE*

Neun Jahre lang, von 1976 bis 1984, erscheint die Berliner Frauenzeitschrift COURAGE.
Zuerst monatlich, später wöchentlich schreiben Frauen für Frauen über bisher tabuisierte Themen: Gewalt gegen Frauen, Frauenmedizin, Frauengeschichte und -politik, Sexualität , Frauenkunst, Frauendiskriminierung am Arbeitsplatz; Paragraph 218, Körperselbsterfahrung, Gewerkschaftsarbeit, Vergewaltigung, Frauenopposition in Osteuropa, Klitorisbeschneidung in Afrika, Frauenliteratur. Die autonome links-feministische COURAGE wird neben der EMMA Anfang der 80er Jahre zur bekanntesten Plattform der neuen Frauenbewegung.

Die Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung hat nun die vielfältigen Artikel erschlossen und die Texte fürs Internet digitalisiert und lesbar gemacht. Über eine Suchmaske kann nach thematischen Stichworten oder Verfasserinnen gesucht werden, ebenso ist ein zeitlicher Einstieg möglich.

Online-Edition der COURAGE: http://library.fes.de/courage/
Macht euch bereit für die Notfallproteste! Macht euch bereit für die Notfallproteste!

Samstag, 26. Januar 2008

Köln Kalk: Aus Trauer wird Wut

Gedenken an Salih wandelt sich zu Protest gegen Rassismus.
http://de.indymedia.org/2008/01/206066.shtml

Nachdem vergangenen Freitag der 18 jährige Salih in einer Messerstecherei auf der Kalker Hauptstrasse in Köln zu Tode gekommen war, demonstrieren täglich mehrere Hundert Kalker Jugendliche in Andenken an Salih, für Gerechtigkeit, Wahrheit und gegen Rassismus.

Salih soll einen weißen, zunächst als Deutschen bezeichneten, jungen Mann angegriffen haben. Dieser habe sich mit einem Messer verteidigt und dabei Salih ins Herz getroffen. Die Staatsanwaltschaft erklärte bereits Samstag Mittag, dass es sich um Notwehr gehandelt habe. Das veranlasste die Angehörigen und FreundInnen von Salih zu der Frage, ob dieses Ergebnis
genauso schnell zustande gekommen wäre, wenn der Tote ein Weißer und der Messerstecher marokkanischer Herkunft gewesen wäre. Der Version von Staatsanwaltschaft und Polizei schenken die Jugendlichen keinen Glauben, kennen sie doch die rassistische Ungleichbehandlung durch deutsche Behörden
aus eigener, täglicher Erfahrung.
Vor dem Hintergrund der CDU Wahlkampagne, der Hetze um die Vorfälle in München und der allgemeinen rassistischen Stimmungsmache brachten die Ereignisse in Kalk das Fass zum Überlaufen.

Mittlerweile ist klar, dass der Messerstecher selbst migrantischen
Hintergrund hat. Die Frage, was tatsächlich Freitag Abend auf der Kalker Hauptstrasse passiert ist, rückt aber mehr und mehr in den Hintergrund.
Stattdessen artikuliert sich auf den Demos der Unmut gegen den deutschen Alltagsrassismus, die Perspektivlosigkeit und der Frust, in heruntergekommenen, gewalttätigen Verhältnissen leben zu müssen. Die Jugendlichen, die meisten DemonstrantInnen sind zwischen 10 und 25 Jahre alt, haben ihre Situation ziemlich klar. Sie wollen keine Verschlechterung in Richtung französischer Banlieus, sondern fordern Gerechtigkeit, eine Perspektive, ein besseres Zusammenleben, erklärtermaßen unabhängig von
Religion oder Staatsangehörigkeit. Nicht nur für Salih, sondern für alle, die wie er so sinnlos gestorben sind und noch sterben werden, gingen sie auf die Strasse, damit das aufhört, damit sowas nicht nochmal passiert.
Die Strategie der Polizei ist nicht klar erkennbar. Am Dienstag noch haben sie sich mit einer Hundertschaft ziemlich zurückgehalten und nur einzelne Strassen gesperrt. Am Mittwoch(gestern) bereits waren es mindestens zwei
wenn nicht drei Hundertschaften, die auch wesentlich stärker Präsenz gezeigt und sich viel bedrohlicher und näher aufgebaut haben.
Die Dynamik der Proteste ist unvorhersehbar, es gibt bisher keine klaren politischen Forderungen, die Artikulation ist ziemlich wirr. Zwischen "Allahu akbar"- (Gott ist groß) und "Wir wollen Gerechtigkeit!" - Rufen gibt es immer wieder spontane Reden über Rassismuserfahrungen, soziale Stigmatisierung und verschwommene Forderungen nach einer "besseren Zukunft
für unsere Jugend". Viele haben die Nase gestrichen voll davon, immer nur als die Bösen dazustehen ohne dass sich jemand sonst für ihre Lage interessieren würde. Ein mitgebrachtes Transparent "Widerstand gegen soziale Ausgrenzung und Rassismus. Kein Mensch ist illegal", das eigentlich nur als
Seitentranspi gedacht war, wurde mit Begeisterung aufgenommen und dann als Fronttranspi übernommen.
Bei Zwischenstops während der Demo, bei denen sich alle auf den Boden setzen, können alle, die wollen, spontane Reden halten, was auch zahlreich getan wird.
Die Kölner Presse will das ganze mal wieder nicht verstehen und schreibt nach wie vor hauptsächlich dumme, wenn nicht hetzerische und rassistische Artikel zu der ganzen Angelegenheit.
Was aus dieser kleinen Bewegung von 300-500 Kalker Jugendlichen wird, ist ungewiss und wird sicherlich auch davon abhängen, ob sie konkretere Forderungen aufstellen können, wie die Solidarisierung seitens der restlichen Kalker und Kölner Bevölkerung ausfällt und ob sie sich längerfristig für ihre Belange organisieren.
Bisher ist alles sehr friedlich und diszipliniert verlaufen. Randale und Rachegelüste werden immer wieder ausdrücklich verurteilt. Hoffentlich bleibt das so, denn im Fall einer Eskalation mit bundesweiten Schlagzeilen haben die Kalker Jugendlichen alles zu verlieren und der Oberrassist Koch einen Wahlkampf gewonnen.

Die Jugendlichen wollen sich auf unbestimmte Zeit weiter jeden Abend um 18h am Tatort Kalker Hauptstrasse Ecke Josephskirchstrasse versammeln um Salih zu gedenken und ihrem Protest Ausdruck zu verleihen.

Kommt vorbei, solidarisiert Euch, diskutiert mit den Leuten, knüpft Kontakte, bringt Euch ein. Es ist den ihnen total wichtig, dass da nicht nur "Schwarzköpfe" (Eigenbezeichnung) sind, sondern auch "Weiße" mitmachen.

Gegen Rassismus und soziale Ausgrenzung.
Schluss mit der rassistischen Hetze gegen "kriminelle ausländische Jugendliche".
Für ein solidarisches Kalk.
Macht euch bereit für die Notfallproteste! Macht euch bereit für die Notfallproteste!

Freitag, 25. Januar 2008

Stilles Viertel

Fast alle hier
sind auf Drogen
aber die echten Profis
funktionieren weiter;
den ganzen Tag, bis
in die Nacht hinein.
Kuemmern sich um ihren
Kram, holen ihre
Waesche ab, bezahlen
ab und zu eine
Rechnung, bewaeltigen
ihre Alltag. Es ist
eine Komoedie, fast ein
Normalzustand.
Die Gegend ist voll
von ihnen; sie kommen
aus dem Haus, springen
ins Auto, wirken wie
du und ich; bis man
sie besser kennt.
Sie haben Kinder
gehen manchmal zur Wahl
und sehen fern;
sie benehmen sich wie
Durchschnittsbuerger, und
was sie sind, wird
fuer sie irgendwann
normal. Hunderte in
dieser Gegend, permanent
auf Drogen. Niemand
haelt sich damit auf.
Sie brauchen den Stoff
zum Weiterleben; wir
wissen alle Bescheid
doch man spricht nicht
davon.

Bukowski
Macht euch bereit für die Notfallproteste! Macht euch bereit für die Notfallproteste!

Donnerstag, 24. Januar 2008

Biedermann, Brandstifter und ein Prozess

Biedermann, Brandstifter und ein Prozess

In Erfurt steht ein Gewerkschafter vor Gericht, der nicht Opfer der Nazis sein will

Der erste Prozesstag im Verfahren der Nazis und der Erfurter Staatsanwaltschaft gegen den Gewerkschafter und Antifaschisten Angelo Lucifero wurde am 16. Januar von mehreren hundert Unterstützerinnen und Unterstützern begleitet. Wegen der momentanen Verhandlungsunfähigkeit Luciferos, der unter einem starken Tinnitus leidet, wurde der Prozess vertagt. Im Anschluss kam es zu einer spontanen Solidaritätsdemonstration durch die Erfurter Innenstadt.

Nicht nur, aber auch in Erfurt, ist Gewalt gegen Flüchtlinge, Migranten und Linke an der Tagesordnung. Mal fliegt ein Stein in eine Fensterscheibe einer sozialistischen Jugendorganisation, mal wird der Vorsitzende des Ausländerbeirates bedroht und tätlich angegriffen. Angelo Lucifero, Gewerkschaftssekretär bei ver.di, ist in den vergangenen paar Jahren fast vierzig Mal mit solchen Übergriffen konfrontiert worden. Morddrohungen, Manipulationen an seinem Auto, Drohungen gegen seine Lebensgefährtin. Mehrmals kam es auch zu körperlicher Gewalt durch namentlich bekannte Mitglieder der örtlichen Neonazi-Szene. Ein halbes Dutzend Mal wurde die Gewalt bei der Polizei angezeigt, doch in keinem Fall führten die Anzeigen gegen die Rechten zum Erfolg. Mehr als einmal waren bei den Übergriffen, die zum Teil bei Veranstaltungen in aller Öffentlichkeit stattfanden, Polizisten anwesend. In der Mehrzahl der Fälle griffen sie nicht ein. Irgendwann hat sich Angelo Lucifero eine Schreckschusspistole besorgt, um die Angreifer im Notfall auf Abstand halten zu können. Kurz darauf, am 15. März 2007, haben Erfurter Linke eine Demonstration gegen Rassismus und Antisemitismus veranstaltet. Ungefähr 25 Menschen kamen. Der Vorsitzende der jüdischen Gemeinde hielt eine Rede. Die Veranstaltung wurde von örtlichen Nazis gestört, angegriffen, etwas, was in Erfurt und Umgebung recht häufig vorkommt. Die Situation war unübersichtlich, die Nazis schienen in der Mehrzahl zu sein. Wieder griffen sie Lucifero an. Er zog seine Schreckschusspistole. Die Nazis brachten die Sache zur Anzeige. Die Staatsanwaltschaft ermittelte nicht gegen die angreifenden Nazis, sondern gegen Lucifero. Schließlich handelt es sich bei ihm nicht nur nach Auffassung der rechten Szene um einen "bekannten Linksradikalen", der seit vielen Jahren antifaschistische Aktionen unterstützt, sich mit den Opfern rechter Gewalt solidarisiert und der Widerstand für legitim hält und das auch sagt, obwohl er in einer Organisation beschäftigt ist, die mit solchen Dingen überwiegend wenig zu tun haben will. Im Herbst 2007 kam ein Strafbefehl, ohne Prozess, per Post: ein Jahr Freiheitsentzug auf Bewährung und eine Geldstrafe von 120 Tagessätzen. Weil dies nicht akzeptiert werden kann, wurde Widerspruch eingelegt. Der erste Prozesstag wurde schließlich für den 16. Januar angesetzt.

Man sollte meinen, dass dies Grund genug ist, um dem Gewerkschaftskollegen alle denkbare persönliche, politische und materielle Unterstützung zu gewähren. Einige meinten das auch. Mit Unterstützung der örtlichen "Gewerkschafter gegen rechts" und des Webportals LabourNet begann eine Solidaritätskampagne. Die Administration von ver.di Thüringen und ihr Landesleiter Voss denken jedoch anders. Im Dezember schickten sie Angelo Lucifero eine fristlose Kündigung. Die Begründung ist sehr unübersichtlich, wird von Voss in verschiedenen Varianten präsentiert und ist damit weder juristisch noch politisch besonders beeindruckend. Alles in allem läuft sie auf den Vorwurf heraus, dass Lucifero in seiner Eigenschaft als Gewerkschaftssekretär antirassistische Arbeit gemacht hat, namentlich Aktionen gegen Rassismus und Antisemitismus, Demos gegen Nazis in vielen Städten Thüringens, und zu diesem Zweck mitunter den Kopierer und die Frankiermaschine der Gewerkschaft benutzt haben soll. Bei der Kündigung mag auch eine Rolle gespielt haben, dass Lucifero seit Jahren für eine basisdemokratische Gewerkschaftspraxis steht, mit Kampagnen für Mindestlohn und gegen ausbeuterische Arbeitsverhältnisse aufgefallen ist, die ver.di überregional gerne propagiert, aber lokal manchmal zu arbeitsintensiv und konflikthaft findet. Natürlich jubelte die NPD öffentlich über dieses "Weihnachtsgeschenk", die der Biedermann mit seiner Frankiermaschine ihr machte.

"In letzter Zeit hat die rechte Gewalt in Erfurt und Umgebung spürbar zugenommen" sagt Angelo Lucifero am Tag des Prozesses. Er plädiert dafür, sich mit einer Situation auseinander zu setzen, die in den Etagen von Gewerkschaftshäusern nicht spürbar zu sein scheint und auch beim ver.di-Bundesvorstand, der trotz heftiger innergewerkschaftlicher Proteste und entgegen gesetzter verbindlicher Beschlüsse des Gewerkschaftstages von Leipzig Kündigung und Prozess hinnimmt, noch nicht angekommen ist. In Meinungsumfragen steht die NPD in Thüringen bei 9%. "Wir müssen etwas gegen die Nazis tun, sonst werden sie immer stärker", sagt Steffen Dittes Michael FrFSteffenvon den "Gewerkschaftern gegen rechts" am Rande der Kundgebung vor dem Erfurter Gericht. Und Julika Bürgin, ebenfalls seit vielen Jahren aktive Gewerkschafterin und Lebensgefährtin Luciferos, ergänzt, dass das wichtig sei, alle diejenigen zu unterstützen, die sich nicht zum Opfer machen lassen. Die örtliche Frauengruppe bei ver.di ist ihrer Meinung, ebenso die JUSOS und die Falken Thüringen, vor allem aber viele GewerkschafterInnen aus dem ganzen Bundesgebiet. Auf der Kundgebung zeigt sich das unter anderem durch die Anwesenheit von Metallern aus Jena, einer Druckerin aus Dresden, sogar einigen Leuten vom Jourfix Gewerkschaftslinke aus Hamburg. Eine Kollegin dieser Gruppe erklärt, dass es eine Schande ist, dass ver.di einen Menschen, der fast dreißig Jahre Gewerkschaftssekretär ist, in seinem Kampf gegen die Nazis nicht unterstützen wollen. Und dann kommen sie, die Nazis, versuchen, in das Gericht zu gelangen, das eben seine Türen geöffnet hat. Die vielen Leute, die zur Unterstützung gekommen sind, verhindern, dass sie sich vordrängen. „Noch ist das nicht eurer Haus“, ruft einer. Drinnen ist der viel zu kleine Gerichtssaal ausschließlich mit Presse und UnterstützerInnen besetzt, immerhin ein kleiner Erfolg. Die Nazis müssen draußen warten, bis sie, falls sie zu diesem Zwecke anwesend sind, als Zeugen aufgerufen werden. Aber dazu kommt es nicht. Der Staatsanwalt nuschelt die Anklageschrift herunter, so dass es selbst mit gutem Gehör schwierig ist, der perfiden Behauptung, dass es sich nicht um Notwehr gehandelt habe, zu folgen. Es stellt sich heraus, dass Lucifero angesichts seines Tinnitus das Genuschel nicht verstehen konnte. Vorläufiges Ende des Prozesses. Solidarität ist weiter nötig.

Mehr bei LabourNet.

Quelle: analyse&kritik, Hamburg, Nr. 524
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Mittwoch, 23. Januar 2008

"Europäischer Polizeikongreß": Polizei will Kundgebungen unterbinden

Pressemitteilung 22. Januar 2008

* Innenpolitiker und Sicherheitsindustrie wollen keine Kritik
* Protest gegen Online-Durchsuchung und Zusammenlegung europäischer Datenbanken

[Berlin] Der für den 29. Januar angemeldeten Demonstration gegen den “11. Europäischen Polizeikongreß” in Berlin drohen hohe Auflagen. Die Polizei will das Demonstrations-Bündnis nach eigenen Worten “zwingen”, auf ein Vorbeiziehen am Kongreß zu verzichten und stattdessen in 200 Metern Entfernung die Abschlußkundgebung durchzuführen. Kritische Beiträge am Haus der Wirtschaft und vor einer Filiale der Firma Dussmann sollen pauschal verboten werden. Lediglich eine Kundgebung vor der Bertelsmann AG Unter den Linden bleibt unbeanstandet.

Polizei- und G8-kritische Initiativen protestieren mit der Demonstration gegen zunehmende Überwachung und Kontrolle und kritisieren technische Aufrüstung wie etwa Online-Durchsuchung, Software zur “Vorhersage von Straftaten” oder die Zusammenlegung europäischer Datenbanken. Ebenfalls in der Kritik: die “Europäische Gendarmerietruppe” (EGF), die zukünftig im Anschluß an Militärinterventionen Aufstandsbekämpfung in sog. “Drittstaaten” betreiben soll. Weitere Redebeiträge focussieren neue europäische Überwachungseinrichtungen wie die “Grenzschutzagentur Frontex” und neue, operative Kompetenzen von “Europol”.

Die Demonstration findet zeitgleich zur Rede des Innenministers Schäuble zur Gefahr eines migrantischen “Jugendüberschusses” und “Migrationsabwehr” statt.

Auf den Webseiten der Industrie wird der Kongreß als Messe beworben. Auch die Firma Dussmann präsentiert ihr Sicherheitsgewerbe. Das Treffen der Polizeibehörden und PolitikerInnen wird von der Industrie finanziert.

“Auf dem zweitägigen Kongreß geben sich Polizeiführer und InnenpolitikerInnen ein Stelldichein mit der Sicherheitsindustrie, um am Buffet oder am Messestand über bessere Kontrolle ‘sicherheitsauffälligen Verhaltens’ zu plänkeln”, kritisiert Hanne Jobst vom Demonstrations-Bündnis.

Polizeilich zuständig für die Versammlung war der “Abschnitt 31”, mit dem bereits ein Anmeldergespräch stattgefunden hatte. Wegen Kompetenzstreitigkeiten übernahm die Direktion 3 die weitere Planung. “Die Polizei rudert nun zurück”, erklärt Jobst. “Selbst bereits zugesagte Wegstrecken werden wieder zurückgenommen. Offensichtlich wird sich in innenpolitischen Kreisen gefürchtet, dass die Polizei die Polizei nicht genug schützen könnte”.

* Demonstrationsaufruf: http://euro-police.noblogs.org/post/2007/12/28/sicherheit-kostet-freiheit
* Hintergrund zum Polizeikongreß: http://gipfelsoli.org/Sicherheitsarchitektur/4223.htm

[Gipfelsoli Infogruppe]
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Dienstag, 22. Januar 2008

Nokia: Streik gegen Entlassungen in Finnland

Angestellte bei Nokia, deren Arbeitsplätze immer unsicherer werden, haben am 18.1.2008 aus Protest ihre Arbeit vorzeitig abgebrochen. Das berichtet die Tageszeitung 'Helsingin Sanomat'. Aufgerufen zu der Arbeitsniederlegung hatte eine Betriebsgewerkschaft in der Provinz Oulu. Nokia will seine dortige Entwicklungsabteilung verkleinern und im Zuge dessen in Finnland bis zu 250 Arbeitsplätze vernichten. Wie das Unternehmen Helsinki Anfang letzter Woche mitteilte, ist vor allem der Multimedia-Bereich betroffen. Die Ausgaben sollen hier bis Ende 2006 auf 9 bis 10 Prozent des Umsatzes reduziert werden.

Zum ersten Mal Entlassungen
Entlassungen stehen für Nokias Forschungs- und Entwicklungsabteilung zum ersten Mal auf der Tagesordnung. Den Abbau soll es in Finnland, aber auch in Deutschland geben. Weltweit sind in der Multimedia-Sparte 3.000 Personen beschäftigt, etwa zwei Drittel im Bereich Produktentwicklung. Davon arbeitet etwa die Hälfte in Finnland. Am stärksten betroffen von dem geplanten Kahlschlag ist die Niederlassung in Oulu, wo etwa 400 in dem Sektor arbeiten. Aber auch in Salo soll es Entlassungen geben.

Via Inside Handy
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