Samstag, 24. Oktober 2009

Arbeiterfotografie vs. Antideutsche vs. Antifa: Cui Bono?

„Ist nicht sofort ersichtlich, welche politischen oder sozialen Gruppen, Kräfte oder Größen bestimmte Vorschläge, Maßnahmen usw. vertreten, sollte man stets die Frage stellen: Wem nützt es?“ (Wladimir Iljitsch Lenin)

So allmählich scheint sich die Auseinandersetzung um die Veranstaltung der Arbeiterfotografie und der "Bandbreite" im Club Voltaire auf der einen und diversen Kritikern auf der anderen Seite von dem zu enfernen, um das es eigentlich gehen müsste: Vom Kampf um die Befreiung von Ausbeutung und Unterdrückung und gegen einen drohenden Krieg und für Selbstbestimmung der Völker im nahen Osten.

Daß dabei so getan wird, als fände dieser Kampf in einem luftleeren Raum statt und sei nur das übliche Abgrenzungsgeplänkel unter Linken verdeckt die Tatsache, daß es handfeste ökonomische, politisch / militärische Interessen sind, zu denen scheinbar beliebig und mit erschreckender Leichtfertigkeit die Betroffenen als Manipulationsmasse mißbraucht werden: Die 6 Millionen getöten Juden, die auf palästinensischem und israelischem Gebiet lebende Bevölkerung, von der im Iran lebenden ganz zu schweigen.

Wer so tut, als würden da im herrschenden kapitalistischen System keine systemimmanenten und daher manipulierenden Interessensgruppen verbergen, hat nichts begriffen. Neben der  Frage nach seiner Motivation muss sich derjenige aber auch die Einschätzung gefallen lassen, daß er kein Linker ist. Heute morgen habe ich die "junge Welt" aufgeschlagen und einen Leserbrief von Klaus Hartmann gelesen, der sich wohltuend mit dem liberalen und relativierenden einerseits / andererseits Leserbriefes von Dr. Hans Christoph Stoodt auseinandersetzt, der in der "jungen Welt" vom 22. Oktober gekürzt veröffentlicht wurde. Damit man sich ein Bild machen kann verweise ich auf die zum Beispiel in der "Neuen Rheinischen Zeitung" veröffentlichte Langfassung des oben genannten Leserbriefes.

Falsche Diagnose

Zu jW vom 22. Oktober, Leserbrief »Pest und Cholera«

Die Ereignisse um die Veranstaltung im Frankfurter Club Voltaire am 9. Oktober will Pfarrer Stoodt so dargestellt sehen, daß man zwischen Pest – der Gruppe »Arbeiterfotografie« und der Band »Die Bandbreite«, oder Cholera – Frankfurter antideutschen Gruppen, wählen mußte.

Falscher Diagnose folgt zwangsläufig der falsche Therapievorschlag. Die »antinationale« antifa [f] rechnet er nicht den »Antideutschen«, sondern nur deren Umfeld, gar nur dem »erweiterten« zu. Zwischen der neurechten Strömung der »Antinationalen« und »traditionellen« Linken will er auf Äquidistanz gehen. Die täuscht aber. Zu den »Antis« sei alles gesagt, jedes »weitere Wort zuviel«. Umso heftiger kritisiert er die Arbeiterfotografie. Die habe eine Apologie auf Haider positiv rezensiert und vertrete so »inakzeptable Querfrontvorstellungen«, Haider sei »Teil ihres Konzepts von Antiimperialismus«.

Tatsache: In dem rezensierten Wisniewski-Buch wird deutlich, daß Haider neben den bekannten Unsäglichkeiten sich auch anderweitig höchst unbeliebt gemacht hat, z.B. mit seiner strikten Gegnerschaft zum Irak-Krieg. Darauf die rhetorisch gestellte Frage der Arbeiterfotografie: »Was ist der Unterschied zwischen rechten Politikern wie Angela Merkel, Wolfgang Schäuble, Roland Koch und einem Jörg Haider, der dazu führt, daß die Medien – auch und besonders die linken – das Feindbild Haider gepflegt haben, nicht aber annähernd vergleichbar das der Angela Merkel, des Wolfgang Schäuble oder des Roland Koch?«

Gute Frage, doch wo findet die Ernennung Haiders zum Antiimperialisten statt? Nirgends, nur in der Phantasie Stoodts!

Daß besagtes Buch im Kopp-Verlag erscheint, stört Stoodt wie mich. Mich stört besonders der dort publizierende Islamhasser Ulfkotte, mit dem die Arbeiterfotografie nichts als Gegnerschaft verbindet, hingegen macht die antifa [f] mit dessen Umfeld gemeinsame rassistische Antiislam-demos, wie die Frankfurter Antinazikoordination selbst und zu Recht kritisiert. Querfront, etwas anders als unterstellt, oder doch eher: Rechte unter sich?

An der Band »Die Bandbreite« läßt Stoodt auch kein gutes Haar, verschweigt aber, was ihr die Feindschaft aller Antideutschen einträgt: Das Lied zu 09/11 »Habt Ihr das etwa selbst gemacht?« und besonders schmerzlich »Der Antideutsche«. Unter einem »no npd«-Plakat gesungen – aber trotzdem querfrontträchtig? Merkwürdige Vorstellung.

Kaum hatte sich der antideutsche Standardvorwurf »Antisemitismus« blamiert, eilt Stoodt mit der Querfrontkeule zu Hilfe. Wer die Reportagen der Arbeiterfotografie verfolgt, findet in den letzten Monaten schwerpunktmäßig Antifa-Aktionen wie die Verlegung von Stolpersteinen zur Erinnerung an Opfer der sogenannten Reichskristallnacht, »Wider das Vergessen – Gemeinsam Stolpersteine putzen«, Protest gegen den Nazi-Aufmarsch in Dortmund, »Keine Stimme für Nazis« (NRW-Kommunalwahl), zum Aachener Friedenspreis für Zdravko Marjanovic und die Berliner Compagnie, Aktionen gegen Atomkraft und den Lissabonner Vertrag.

Während Stoodt dieser Arbeiterfotografie »Querfront«-Bestrebungen unterstellt, will er die Antideutschen »bei Aktionen gegen Nazis (…) wiedersehen (…) auf derselben Seite der Barrikade«. Ist das nicht »Querfrontstrategie«?

Von wegen Äquidistanz zu »Pest und Cholera«: Linke werden ausgegrenzt, aber den Antideutschen mit der Querfrontkeule ausgeholfen, um diese reizenden Bündnispartner gnädig zu stimmen. Das wird kaum das richtige Konzept von Antifaschismus sein.

Klaus Hartmann, Offenbach am Main


Siehe auch den Beitrag von Fritz Güde bei Thomas Trueten
Macht euch bereit für die Notfallproteste! Macht euch bereit für die Notfallproteste!

Anlässlich »Expo Kolumbien« erneute Proteste vorm Kino Babylon

Das Musterland Kolumbien hat Dreck am Stecken

Protestaktion und Videokundgebung anlässlich der »Expo Kolumbien« in Berlin

Ort: Rosa-Luxemburg-Platz, Berlin Mitte
Zeit: Sonntag, 25.10.2009, 16:30 Uhr


Auf der »Expo Kolumbien« feiert sich Kolumbien eine Woche lang als »bestes Geschäftsland Lateinamerikas«, ein Paradies für ausländische Investoren und Firmengründer, dem von der Weltbank ein Musterzeugnis ausgestellt wurde für seine »effizienten Reformen«. Was dabei verschwiegen wird, sind die sozialen und
humanitären Kosten des guten Geschäftsklimas. Die Freiheit der Investoren geht Hand in Hand mit der gezielten Ausschaltung von GewerkschafterInnen, der systematischen Vertreibung von Bauern und einer umfassenden Paramilitarisierung des Staates. Das ist die Realität Kolumbiens unter Präsident Uribe:

- In keinem anderen Land der Erde leben GewerkschafterInnen und BauernvertreterInnen so gefährlich wie in Kolumbien. Jeden dritten Tag wird ein Gewerkschafter oder ein Betriebsrat ermordet. Täglich werden 1000 Menschen von ihrem Land vertrieben, um Projekten der transnationalen Konzerne oder der Großgrundbesitzer Platz zu machen.

- Konzerne und Investoren bedienen sich bezahlter paramilitärischer Söldner und können sich dabei auf die Rückendeckung und tatkräftige Unterstützung durch den Staat und seine Organe verlassen. Die Paramilitärs sind eng mit der kolumbianischen Armee verflochten und werden als deren verlängerter Arm eingesetzt. Die Straffreiheit für die von paramilitärischen Einheiten verübten Verbrechen liegt in Kolumbien bei 98 Prozent.

- MenschenrechtsaktivistInnen, die diese Zustände benennen und anklagen, werden eingeschüchtert und bedroht, ausländische BeobachterInnen und JournalistInnen wurden wiederholt inhaftiert und des Landes verwiesen. Der Geheimdienst DAS hat jahrelang Informationen über MenschenrechtsaktivistInnen gesammelt und diese an die Paramilitärs weitergereicht.

- Bis in die Ministerämter bestehen enge Verflechtungen zwischen Paramilitärs und Politik. Nicht zuletzt ist es Präsident Alvaro Uribe selbst, der seit Mitte der 90er Jahre für den systematischen Aufbau paramilitärischer Einheiten zum Schutz von Geschäftsinteressen wirbt und der während seiner Präsidentschaft mit einem Amnestiegesetz dafür gesorgt hat, dass die verübten Verbrechen ungestraft bleiben.

Diese Zustände sind längst kein Geheimnis mehr. Sie werden von Menschenrechtsorganisationen und internationalen Tribunalen regelmäßig offen gelegt und angeprangert. Umso skandalöser ist der Jubelgesang, den das offizielle Kolumbien und seine deutschen Geschäftspartner nun auf der »Expo Kolumbien« in Berlin anstimmen wollen. Zu den dort angepriesenen Investitionsgütern des Landes gehört auch die Filmindustrie. Für die aus diesem Anlass veranstaltete kolumbianische Filmwoche konnten die Organisatoren das Kino Babylon Mitte gewinnen.

Im Kino Babylon Mitte kämpft die Belegschaft mit der Gewerkschaft FAU seit Monaten um einen Tarifvertrag, ohne dass die Geschäftsleitung sich auch nur zu
einem Gespräch bereit erklärt. Der jetzt von ver.di in Aussicht gestellte und von der Geschäftsführung beworbene Haustarifvertrag geht an den Bedürfnissen
der Belegschaft vorbei. Die Vorschläge eines Großteils der Belegschaft kommentiert ver.di -Verhandlungsführer Andreas Köhn mit dem Hinweis, die
KollegInnen seien nicht berechtigt Forderungen zu artikulieren. Dass die Beschäftigten unter diesen Bedingungen gezwungen sind im einstmals »linken«
Kino Babylon Werbung für den mörderischen Standort Kolumbien zu betreiben ist besonders zynisch.

Mit einer gemeinsamen Aktion und Videokundgebung werden kanalB, FAU Betriebsgruppe Babylon und das Solidaritätskomitee für den Widerstand in Kolumbien am Sonntag, 25.10.2009, ab 16.30 Uhr auf dem Rosa-Luxemburg Platz nicht weit vom Kino Babylon Mitte zur Eröffnung der kolumbianischen Filmreihe auf die Zustände im Musterland Kolumbien aufmerksam machen.

kanalB / FAU Berlin und Betriebsgruppe Babylon / Solidaritätskomitee für den Widerstand in Kolumbien / Arbeitskreis Internationalismus in der IG-Metall / Breites Bündnis für Kolumbien - Deutschland

Quelle: Pressemitteilung der FAU Berlin
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