Arbeiterfotografie vs. Antideutsche vs. Antifa: Cui Bono?

„Ist nicht sofort ersichtlich, welche politischen oder sozialen Gruppen, Kräfte oder Größen bestimmte Vorschläge, Maßnahmen usw. vertreten, sollte man stets die Frage stellen: Wem nützt es?“ (Wladimir Iljitsch Lenin)

So allmählich scheint sich die Auseinandersetzung um die Veranstaltung der Arbeiterfotografie und der "Bandbreite" im Club Voltaire auf der einen und diversen Kritikern auf der anderen Seite von dem zu enfernen, um das es eigentlich gehen müsste: Vom Kampf um die Befreiung von Ausbeutung und Unterdrückung und gegen einen drohenden Krieg und für Selbstbestimmung der Völker im nahen Osten.

Daß dabei so getan wird, als fände dieser Kampf in einem luftleeren Raum statt und sei nur das übliche Abgrenzungsgeplänkel unter Linken verdeckt die Tatsache, daß es handfeste ökonomische, politisch / militärische Interessen sind, zu denen scheinbar beliebig und mit erschreckender Leichtfertigkeit die Betroffenen als Manipulationsmasse mißbraucht werden: Die 6 Millionen getöten Juden, die auf palästinensischem und israelischem Gebiet lebende Bevölkerung, von der im Iran lebenden ganz zu schweigen.

Wer so tut, als würden da im herrschenden kapitalistischen System keine systemimmanenten und daher manipulierenden Interessensgruppen verbergen, hat nichts begriffen. Neben der  Frage nach seiner Motivation muss sich derjenige aber auch die Einschätzung gefallen lassen, daß er kein Linker ist. Heute morgen habe ich die "junge Welt" aufgeschlagen und einen Leserbrief von Klaus Hartmann gelesen, der sich wohltuend mit dem liberalen und relativierenden einerseits / andererseits Leserbriefes von Dr. Hans Christoph Stoodt auseinandersetzt, der in der "jungen Welt" vom 22. Oktober gekürzt veröffentlicht wurde. Damit man sich ein Bild machen kann verweise ich auf die zum Beispiel in der "Neuen Rheinischen Zeitung" veröffentlichte Langfassung des oben genannten Leserbriefes.

Falsche Diagnose

Zu jW vom 22. Oktober, Leserbrief »Pest und Cholera«

Die Ereignisse um die Veranstaltung im Frankfurter Club Voltaire am 9. Oktober will Pfarrer Stoodt so dargestellt sehen, daß man zwischen Pest – der Gruppe »Arbeiterfotografie« und der Band »Die Bandbreite«, oder Cholera – Frankfurter antideutschen Gruppen, wählen mußte.

Falscher Diagnose folgt zwangsläufig der falsche Therapievorschlag. Die »antinationale« antifa [f] rechnet er nicht den »Antideutschen«, sondern nur deren Umfeld, gar nur dem »erweiterten« zu. Zwischen der neurechten Strömung der »Antinationalen« und »traditionellen« Linken will er auf Äquidistanz gehen. Die täuscht aber. Zu den »Antis« sei alles gesagt, jedes »weitere Wort zuviel«. Umso heftiger kritisiert er die Arbeiterfotografie. Die habe eine Apologie auf Haider positiv rezensiert und vertrete so »inakzeptable Querfrontvorstellungen«, Haider sei »Teil ihres Konzepts von Antiimperialismus«.

Tatsache: In dem rezensierten Wisniewski-Buch wird deutlich, daß Haider neben den bekannten Unsäglichkeiten sich auch anderweitig höchst unbeliebt gemacht hat, z.B. mit seiner strikten Gegnerschaft zum Irak-Krieg. Darauf die rhetorisch gestellte Frage der Arbeiterfotografie: »Was ist der Unterschied zwischen rechten Politikern wie Angela Merkel, Wolfgang Schäuble, Roland Koch und einem Jörg Haider, der dazu führt, daß die Medien – auch und besonders die linken – das Feindbild Haider gepflegt haben, nicht aber annähernd vergleichbar das der Angela Merkel, des Wolfgang Schäuble oder des Roland Koch?«

Gute Frage, doch wo findet die Ernennung Haiders zum Antiimperialisten statt? Nirgends, nur in der Phantasie Stoodts!

Daß besagtes Buch im Kopp-Verlag erscheint, stört Stoodt wie mich. Mich stört besonders der dort publizierende Islamhasser Ulfkotte, mit dem die Arbeiterfotografie nichts als Gegnerschaft verbindet, hingegen macht die antifa [f] mit dessen Umfeld gemeinsame rassistische Antiislam-demos, wie die Frankfurter Antinazikoordination selbst und zu Recht kritisiert. Querfront, etwas anders als unterstellt, oder doch eher: Rechte unter sich?

An der Band »Die Bandbreite« läßt Stoodt auch kein gutes Haar, verschweigt aber, was ihr die Feindschaft aller Antideutschen einträgt: Das Lied zu 09/11 »Habt Ihr das etwa selbst gemacht?« und besonders schmerzlich »Der Antideutsche«. Unter einem »no npd«-Plakat gesungen – aber trotzdem querfrontträchtig? Merkwürdige Vorstellung.

Kaum hatte sich der antideutsche Standardvorwurf »Antisemitismus« blamiert, eilt Stoodt mit der Querfrontkeule zu Hilfe. Wer die Reportagen der Arbeiterfotografie verfolgt, findet in den letzten Monaten schwerpunktmäßig Antifa-Aktionen wie die Verlegung von Stolpersteinen zur Erinnerung an Opfer der sogenannten Reichskristallnacht, »Wider das Vergessen – Gemeinsam Stolpersteine putzen«, Protest gegen den Nazi-Aufmarsch in Dortmund, »Keine Stimme für Nazis« (NRW-Kommunalwahl), zum Aachener Friedenspreis für Zdravko Marjanovic und die Berliner Compagnie, Aktionen gegen Atomkraft und den Lissabonner Vertrag.

Während Stoodt dieser Arbeiterfotografie »Querfront«-Bestrebungen unterstellt, will er die Antideutschen »bei Aktionen gegen Nazis (…) wiedersehen (…) auf derselben Seite der Barrikade«. Ist das nicht »Querfrontstrategie«?

Von wegen Äquidistanz zu »Pest und Cholera«: Linke werden ausgegrenzt, aber den Antideutschen mit der Querfrontkeule ausgeholfen, um diese reizenden Bündnispartner gnädig zu stimmen. Das wird kaum das richtige Konzept von Antifaschismus sein.

Klaus Hartmann, Offenbach am Main


Siehe auch den Beitrag von Fritz Güde bei Thomas Trueten
Macht euch bereit für die Notfallproteste! Macht euch bereit für die Notfallproteste!

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