Samstag, 24. Dezember 2011
Freitag, 16. Dezember 2011
"Fall Oury Jalloh": Demo, Kundgebung und Prozessbeobachtung
- Kundgebung um 9:30 Uhr vor dem Landgericht
- Demonstration in Dessau 7.Januar 2012
Auftakt vor dem Dessauer Bahnhof
Saal A23. Abfahrt von Berlin: Treffpunkt immer 6:30 Uhr (pünktlich) am Reisezentrum im S-Bahnhof Alexanderplatz.
Wir fordern weiterhin die Änderung der Anklageschrift und der Strafanzeige auf Beihilfe zu Körperverletzung und zu Mord seitens aller Beamten, die am 7. Januar 2005 im Polizeirevier Dessau anwesend waren. Das Strafverfahren ist unter Beiordnung von internationalen unabhängigen Prozessbeobachtern durchzuführen.
Nach fast 7 Jahren nach Oury Jallohs bestialischem Tod in Zelle Nr. 5 in Dessau sagen wir weiterhin: Oury Jalloh – das war Mord!
und fordern:
Wahrheit! Gerechtigkeit! Entschädigung!
Videos:
- Mbolo Yufanyi and Mumia Abu Jamal Speeches on Video Tributes to Oury Jalloh in 2008 Mbolo Yufanyi
- Mumia Abu Jamal

Sonntag, 4. Dezember 2011
Ermitteln statt speichern - Totale Erfassung unserer Verbindungen und Bewegungen verhindern
Das Ausmaß an Überwachung in Deutschland dokumentiert ein "Leitfaden zum Datenzugriff", den wir heute erstmals in voller Länge veröffentlichen.[1] Die Generalstaatsanwaltschaft München zählt in dieser "Verschlusssache" die heute schon angewandten Methoden zur Überwachung unserer Telekommunikation und Internetnutzung auf – von der stillen Ortungs-SMS bis zur umfangreichen Abfrage von Nutzerdaten. Das brisante Dokument belegt einen fahrlässigen Umgang der Ermittler mit verfügbaren Daten und einzuhaltenden Rechtsvorschriften. Dies verdeutlicht ein weiteres Mal, wie wichtig es ist, eine gänzlich verdachtslose Vorratsspeicherung aller unserer Verbindungsdaten zu verhindern.
Im Einzelnen zählt der Leitfaden die folgenden Überwachungspraktiken deutscher Ermittlungsbehörden auf:- das Aufzeichnen von Telekommunikationsinhalten (z.B. Telefongespräche, SMS, E-Mails),
- die Auswertung der Speicher von Handys, Smartphones und SIM-Karten (z.B. Fotos, Telefonbücher),
- die Abfrage von Nutzerdaten, Rechnungsdaten und Verkehrsdaten bei Anbietern wie Telekom, Arcor, eBay, YouTube, Facebook und Webmail-Anbietern,
- die Identifizierung der Inhaber von Rufnummern, IP-Adressen und E-Mail-Adressen,
- die Beobachtung des Standorts von Handys und Smartphones in Echtzeit,
- die Online-Durchsuchung externen Speicherplatzes,
- der Zugriff auf E-Mail-Postfächer und die Abfrage von Mailboxen,
- die Verhinderung der Kommunikation einzelner Handynutzer oder einer gesamten Funkzelle,
- die Ermittlung, welche Mobiltelefone sich zu einer bestimmten Zeit in einer Funkzelle befunden haben (Funkzellenabfrage),
- der Zugriff auf Kommunikation in geschlossenen Internetforen und Chatrooms einschließlich Liveüberwachung,
- die Ortung von Pkw mit eingebautem SIM-Modul (z.B. BMW, Audi, Porsche, Renault, Opel),
- die Erstellung von Bewegungsbildern mithilfe „stiller SMS“,
- die Aufzeichnung verschlüsselter Internetkommunikation (VoIP) unter Verwendung von Überwachungssoftware (sog. Quellen-TKÜ),
- die Identifizierung und Überwachung von WLAN-Internetzugängen („W-LAN-Catcher“),
- die Zielwahlsuche.
Nutzerdaten, die ausländische Internetfirmen wie Google, YouTube, Skype und Microsoft speichern, können laut Leitfaden zudem „präventiv“ „sehr schnell ... erlangt werden“.
Der Leitfaden zum Datenzugriff enthüllt in verschiedenen Punkten einen äußerst fragwürdigen Umgang der Ermittler mit den schon heute verfügbaren Daten:
- Statt Telefonverbindungen nur zu denjenigen Zeitpunkten auszuforschen, die für das Ermittlungsverfahren relevant sind, wird in Auskunftersuchen „ein einheitlicher, gesamter Zeitraum angegeben“, um Kosten zu sparen. Die Abfrage nicht erforderlicher Verbindungsdaten aus rein fiskalischen Gründen ist ein klarer Rechtsbruch.
- Weil die Anforderung von Verkehrsdaten länger dauert und nur innerhalb der Geschäftszeiten möglich ist, ordnen die Staatsanwälte kurzerhand eine komplette Überwachung der Telekommunikation an. Es ist nicht akzeptabel, dass eine komplette Telekommunikationsüberwachung erfolgt, nur weil die tatsächlich benötigten Einzeldaten nicht schnell genug zur Verfügung gestellt werden.
- Obwohl der Zugriff auf Verbindungs- und Standortdaten im Regelfall eine richterliche Genehmigung voraus setzt, wird den Netzbetreibern kein richterlicher Beschluss im Original übersandt, was zu Missbrauch einlädt.
- Die Ermittler fragen bei Unternehmen Kundendaten ab mit der Drohung, im Weigerungsfall müssten die Inhaber als Zeugen „anhand von Unterlagen“ aussagen. In Wahrheit müssen Zeugen anhand von Unterlagen allenfalls ihr Gedächtnis auffrischen, nicht aber persönliche Daten mitteilen, die ihnen nie bekannt gewesen sind. Gespeicherte Personendaten müssen nur nach Vorlage einer richterlichen Beschlagnahmeanordnung an Strafverfolger herausgegeben werden und nicht auf einfache Anfrage der Staatsanwaltschaft oder der Polizei, wie die Generanstaatsanwaltschaft München in Auskunftsersuchen suggeriert.
- Obwohl ein EU-Übereinkommen nur im Telekommunikationsbereich die Sicherung ausländischer Daten ohne Einschaltung der zuständigen Behörden zulässt, sichern deutsche Staatsanwälte in Eilfällen auch alle sonst im Ausland gespeicherten Daten eigenmächtig (z.B. Fotos, Online-Speicherplatz).
Der AK Vorrat fordert die bayerische Justizministerin Merk auf, die dokumentierten Rechtsbrüche der Generalstaatsanwaltschaft München sofort abzustellen. Überdies fordern wir eine Stellungnahme dazu, dass die Überwachung von Auslandsgesprächen zurzeit offenbar selbst bei konkreten Terrorverdacht nicht möglich ist, weil die entsprechenden Überwachungsvorrichtungen laut Leitfaden „auf Jahre hinaus ausgebucht“ sind. Solange die bestehenden rechtlichen Möglichkeiten zur gezielten Überwachung Tatverdächtiger nicht ausgeschöpft werden, ist es nicht akzeptabel, eine ungezielte Vorratsspeicherung des Kommunikationsverhaltens völlig Unverdächtiger zu fordern!
Wie aussichtslos eine verdachtslose Vorratsspeicherung sämtlicher Verbindungsdaten gerade im Bereich der Internetnutzung wäre, zeigt der Leitfaden unter dem Stichwort „UMTS-Datenkarten“: UMTS-Internetnutzer lassen sich danach nicht anhand ihrer IP-Adresse identifizieren, weil IP-Adressen mehrfach vergeben würden und keine Portspeicherung erfolge. Weder die EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung, noch der Gesetzentwurf der Bundesjustizministerin zur Vorratsdatenspeicherung würden daran etwas ändern mit der Folge, dass eine IP-Vorratsdatenspeicherung von vornherein leerlaufen würde, zumal auch andere Umgehungsmöglichkeiten wie Anonymisierungsdienste jederzeit zur Verfügung stünden.
Gegenüber den bestehenden Ermittlungsmöglichkeiten hätte eine verdachtslose Vorratsdatenspeicherung eine grundlegend neue Qualität: Erstmals würde ein wichtiger Teil des täglichen Privatlebens unverdächtiger Personen ohne jeden Anlass und flächendeckend aufgezeichnet, weil der Staat dazu überginge, uns alle als potenzielle Straftäter zu betrachten. Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung ruft im Internet deswegen zu bundesweiten Protestaktionen gegen verdachtslose Vorratsdatenspeicherung am 14. Dezember 2011 auf.[2]
Zu den im Zusammenhang mit der "Zwickauer Zelle" aufgewärmten Forderungen nach einer ungezielten Vorratsdatenspeicherung erklärt Werner Hülsmann vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung: „Die Eingriffsbehörden glauben doch wohl nicht im Ernst, dass sie mit den im Fall der 'Zwickauer Zelle' unterlaufenen Ermittlungspannen und Inkompetenz eine Totalprotokollierung der Verbindungen völlig unverdächtiger Bürger durchsetzen können." Michael Petersen vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung ergänzt: "Wer trotz Vorliegens eines Haftbefehls gegen Bombenbauer Verhaftungsmöglichkeiten ungenutzt verstreichen lässt,[3] dem ist mit keinem Überwachungsgesetz zu helfen. Die Verbindungsdaten der drei mit Haftbefehl Gesuchten hätten seit 1998 auch ohne Vorratsdatenspeicherung gezielt gespeichert und ausgewertet werden können. Wer die Ermittlungsbehörden wirklich stärken will, sollte die Geheimdienste auflösen und die eingesparten Mittel dort investieren, wo in den letzten Jahren tausende von Polizeistellen gestrichen wurden[4] und wo Beweismittel für schwere Straftaten jahrelang der Auswertung harren. Die Meinung von zwei Dritteln der Menschen in Deutschland[5] ist klar: Der Staat hat gegen Verdächtige kompetent zu ermitteln und nicht die Kommunikation Unschuldiger zu speichern!“Via AK Vorratsdatenspeicherung
Donnerstag, 1. Dezember 2011
Stadt Frankfurt droht dem Afrikanischen Kulturfest im Solmspark mit dem Aus
Ausgerichtet von der Senegalesischen Vereinigung im Land Hessen e.V., hat sich das Afrikanische Kulturfest im Frankfurter Solmspark auch letzten August mit über 5.000 Gästen erneut als Publikumsmagnet erwiesen. Nach sechs erfolgreichen und störungsfreien Jahren soll die Veranstaltung dort künftig aber nicht mehr stattfinden. Die offizielle Begründung der Stadt Frankfurt beruft sich auf angebliche Beschwerden der Anwohner. Die Kommunikation dieser Entscheidung gegenüber den Veranstaltern gibt jedoch Anlass zur Vermutung, dass hinter der Ablehnung vielmehr der politische Hintergrund des Festivals steckt.
Frankfurt, 30.11.2011. Es gab auf Seiten der Stadt Frankfurt widersprüchliche Aussagen dazu, warum man das Afrikanische Kulturfest künftig nicht mehr am angestammten Platz im Frankfurter Stadtteil Rödelheim stattfinden lässt. Das Grünflächenamt hat lediglich bekannt gegeben, dass sich Anwohner über Lautstärke und zu viele Besucher beschwert hätten und der Park zu klein wäre. Das Amt sagte gleichzeitig aber auch zu, einen Alternativ-Platz für die Veranstaltung suchen zu wollen. Der tatsächliche Grund ist der Auffassung der Vereinsverantwortlichen nach aber ein anderer. So tätigte ein Referent des Kulturamts vor dem letztjährigen Festival versehentlich die Aussage, der Antrag werde vermutlich nicht genehmigt, weil es bei der Auftaktveranstaltung »Kritik an der Staatsgewalt« gegeben habe. Er wusste allerdings nicht, dass der Verein zu diesem Zeitpunkt die formelle Genehmigung bereits in der Hand hatte.
Eingeladen waren Initiativen, die u. a. ihre Erfahrungen mit Rechter Gewalt und über den Umgang mit staatlichem Gewalteinsatz gegenüber Schwarzen/ People of Colour thematisierten. Mouctar Bah von der Initiative »Oury Jalloh« hatte beispielsweise über den Prozess berichtet, in dem es um den Tod des im Polizeigewahrsam umgekommenen Asylbewerbers Oury Jalloh geht. Er schilderte, wie dieser am 7. Januar 2005, an Händen und Füßen gefesselt, in einer Dessauer Polizeizelle auf einer feuerfesten Matratze verbrannte.Davon ist also offenkundig die Rede, wenn das Frankfurter Kulturamt »Kritik an der Staatsgewalt« moniert. Wie staatliche Organe in rassistische Verhaltensweisen verstrickt sind, ist für in Deutschland lebende Migranten – also auch für Veranstalter und viele Besucher des Afrikanischen Kulturfest – immer ein Thema.
Bei den finanziellen Förderungen der Stadt Frankfurt wird extra darauf hingewiesen das ausschließlich das Kinder bzw Kulturprogramm gefördert wird, nicht aber die Auftaktveranstaltung da diese zu politisch ist.Und im Anschluss wird das Festival auf dem traditionell beliebten Gelände künftig untersagt! Es stellt sich, gerade nach den jüngsten rassistisch motivierten Vorfällen in diesem Land, die Frage: Wo bleiben Meinungsfreiheit und politische Diskussionskultur?
»Wir haben immer schon politisch diskutiert.«
Neben seinem kulturellen Auftrag fungiert das Afrikanische Kulturfest seit jeher als Plattform für politische Diskussion: über afrodeutsche Lebenswelten, Alltagsrassismus, die Geschichte der Sklaverei – um nur einige Themen zu nennen. Die scheidende OB, Petra Roth, hatte stets Vertreter zum Afrikanischen Kulturfest geschickt, um den Einsatz der Veranstalter für Toleranz zwischen den Kulturen in Frankfurt zu unterstützen. Nun entsteht der fatale Eindruck: Die Aktivitäten eines afrikanischen Vereins sind offenbar nur wohlgelitten, wenn sie sich auf Trommeln und Folklore – also Friede, Freude, Eierkuchen – reduzieren. Wird beim Afrikanischen Kulturfest dagegen über Alberto Adriano der in Dessau von drei Neonazis zu Tode geprügelt wurde oder den in Polizeigewahrsam verbrannten Oury Jalloh geredet ist scheinbar Schluss mit lustig – und mit einer offenen Diskussion.
Angesichts der momentan aufkochenden Diskussion um rechte Gewalt, setzt die Stadt Frankfurt mit der Behinderung der Vereinsaktivitäten ein fatales Signal für den Umgang mit Rassismus. Die Drohung, das Fest nicht mehr wie bisher stattfinden zu lassen, legt den Gedanken nahe: Wer eine Plattform für kontroverse Meinungen zur Verfügung stellt, muss in Frankfurt – das sich gern mit dem Image der weltoffenen Metropole schmückt – mit einer kalten Zensur durch die Hintertür rechnen.
Das Afrikanische Kulturfest wird auf jeden Fall weiter stattfinden und wir werden weiterhin auf Themen aufmerksam machen, die „UNS ALLE“ angehen. Die Vorbereitungen für das Festival 2012 sind bereits in Arbeit. Wir hoffen, das die Stadt Frankfurt uns einen angemessenen Platz zuteilen wird!!
Quelle: Pressemitteilung zum eventuellen Verbot des Afrikanischen Kulturfest Solmspark / Senegalesische Vereinigung im Lande Hessen e.V
Kontakt
Sonntag, 27. November 2011
Vom Protest zum Widerstand
Die Studenten proben keinen Aufstand, sie üben Widerstand. Steine sind geflogen, die Fensterscheiben vom Springerhochhaus in Berlin sind zu Bruch gegangen, Autos haben gebrannt, Wasserwerfer sind besetzt worden, eine BILD-Redaktion ist demoliert worden, Reifen sind zerstochen worden, der Verkehr ist stillgelegt worden, Bauwagen wurden umgeworfen, Polizeiketten durchbrochen - Gewalt, physische Gewalt wurde angewendet. Die Auslieferung der Springerpresse konnte trotzdem nicht verhindert werden, die Ordnung im Straßenverkehr war immer nur für Stunden unterbrochen. Die Fensterscheiben wird die Versicherung bezahlen. An Stelle der ausgebrannten Lastautos werden neue ausfahren, der Wasserwerferbestand der Polizei wurde nicht verkleinert, an Gummiknüppeln wird es auch in Zukunft nicht fehlen. Also wird das, was passiert ist, sich wiederholen können: Die Springerpresse wird weiter hetzen können, und Klaus Schütz wird auch in Zukunft dazu auffordern können, »diesen Typen ins Gesicht zu sehen« und die Schlußfolgerung nahelegen, ihnen reinzuschlagen - was am 21. Februar bereits geschehen ist -‚ schließlich zu schießen.
Die Grenze zwischen verbalem Protest und physischem Widerstand ist bei den Protesten gegen den Anschlag auf Rudi Dutschke in den Osterfeiertagen erstmalig massenhaft, von vielen, nicht nur einzelnen, über Tage hin, nicht nur einmalig, vielerorts, nicht nur in Berlin, tatsächlich, nicht nur symbolisch - überschritten worden. Nach dem 2. Juni wurden Springerzeitungen nur verbrannt, jetzt wurde die Blockierung ihrer Auslieferung versucht. Am 2. Juni flogen nur Tomaten und Eier, jetzt flogen Steine. Im Februar wurde nur ein mehr amüsanter und lustiger Film über die Verfertigung von Molotowcocktails gezeigt, jetzt hat es tatsächlich gebrannt. Die Grenze zwischen Protest und Widerstand wurde überschritten, dennoch nicht effektiv, dennoch wird sich das, was passiert ist, wiederholen können; Machtverhältnisse sind nicht verändert worden. Widerstand wurde geübt. Machtpositionen wurden nicht besetzt. War das alles deshalb sinnlose, ausufernde, terroristische, unpolitische, ohnmächtige Gewalt?
Stellen wir fest: Diejenigen, die von politischen Machtpositionen aus Steinwürfe und Brandstiftung hier verurteilen, nicht aber die Hetze des Hauses Springer, nicht die Bomben auf Vietnam, nicht Terror in Persien, nicht Folter in Südafrika, diejenigen, die die Enteignung Springers tatsächlich betreiben könnten, stattdessen Große Koalition machen, die in den Massenmedien die Wahrheit über BILD und BZ verbreiten könnten, stattdessen Halbwahrheiten über die Studenten verbreiten, deren Engagement für Gewaltlosigkeit ist heuchlerisch, sie messen mit zweierlei Maß, sie wollen genau das, was wir, die wir in diesen Tagen - mit und ohne Steinen in unseren Taschen - auf die Straße gingen, nicht wollen: Politik als Schicksal, entmündigte Massen, eine ohnmächtige, nichts und niemanden störende Opposition, demokratische Sandkastenspiele, wenn es ernst wird den Notstand. - Johnson, der Martin Luther King zum Nationalhelden erklärt, Kiesinger, der den Mordversuch an Dutschke telegrafisch bedauert - sie sind die Repräsentanten der Gewalt, gegen die King wie Dutschke angetreten sind, der Gewalt des Systems, das Springer hervorgebracht hat und den Vietnam-Krieg, ihnen fehlt beides: Die politische und die moralische Legitimation, gegen den Widerstandswillen der Studenten Einspruch zu erheben.
Stellen wir fest: Es ist dokumentiert worden, daß hier nicht einfach einer über den Haufen geschossen werden kann, daß der Protest der Intellektuellen gegen die Massenverblödung durch das Haus Springer ernst gemeint ist, daß er nicht für den lieben Gott bestimmt ist und nicht für später, um einmal sagen zu können, man sei schon immer dagegen gewesen, es ist dokumentiert worden, daß Sitte & Anstand Fesseln sind, die durchbrochen werden können, wenn auf den so Gefesselten eingedroschen und geschossen wird. Es ist dokumentiert worden, daß es in diesem Land noch Leute gibt, die Terror und Gewalt nicht nur verurteilen und heimlich dagegen sind und auch mal was riskieren und den Mund nicht halten können und sich nicht bange machen lassen, sondern daß es Leute gibt, die bereit und fähig sind, Widerstand zu leisten, so daß begriffen werden kann, daß es so nicht weiter geht. Es ist gezeigt worden, daß Mordhetze und Mord die öffentliche Ruhe und Ordnung stören, daß es eine Offentlichkeit gibt, die sich das nicht bieten läßt. Daß ein Menschenleben eine andere Qualität ist als Fensterscheiben, Springer-LKWs und Demonstranten-Autös, die bei der Auslieferungsblockade vor dem Springerhochhaus in Berlin von der Polizei in Akten blanker Willkür umgeworfen und beschädigt wurden. Daß es eine Offentlichkeit gibt, die entschlossen ist, das Unerträgliche nicht nur unerträglich zu nennen, sondern dagegen einzuschreiten, Springer und seine Helfershelfer zu entwaffnen.
Nun, nachdem gezeigt worden ist, daß andere Mittel als nur Demonstrationen, Springer-Hearing, Protestveranstaltungen zur Verfügung stehen, andere als die, die versagt haben, weil sie den Anschlag auf Rudi Dutschke nicht verhindern konnten, nun, da die Fesseln von Sitte & Anstand gesprengt worden sind, kann und muß neu und von vorne über Gewalt und Gegengewalt diskutiert werden. Gegengewalt, wie sie in diesen Ostertagen praktiziert worden ist, ist nicht geeignet, Sympathien zu wecken, nicht, erschrockene Liberale auf die Seite der Außerparlamentarischen Opposition zu ziehen. Gegengewalt läuft Gefahr, zu Gewalt zu werden, wo die Brutalität der Polizei das Gesetz des Handelns bestimmt, wo ohnmächtige Wut überlegene Rationalität ablöst, wo der paramilitärische Einsatz der Polizei mit paramilitärischen Mitteln beantwortet wird. Das Establishment aber, die »Herren an der Spitze« - um mit Rudi zu reden -‚ in den Parteien, Regierungen und Verbänden haben zu begreifen, daß es nur ein Mittel gibt, »Ruhe & Ordnung« dauerhaft herzustellen: Die Enteignung Springers. Der Spaß hat aufgehört. »Protest ist, wenn ich sage, das und das paßt mir nicht. Widerstand ist, wenn ich dafür sorge, daß das, was mir nicht paßt, nicht länger geschieht.«
Ulrike Meinhof, 1968
Sonntag, 20. November 2011
7. Anarchietage in Winterthur
Die Anarchietage in Winterthur wurden erstmals 2005 durchgeführt und entwickelten sich seither kontinuierlich zu einem Grenzen sprengenden Forum der Reflexion und Kritik. Wir sind bestrebt, mit abwechslungsreichen und spannenden Vorträgen und Filmvorführungen diverse Facetten herrschaftsfreier Theorie und Praxis abzudecken. Die Anarchietage sollen aber nicht nur die Möglichkeit bieten, Anarchismus zu "erfahren", sondern ebenso, sich mit Gleichgesinnten auszutauschen. Deshalb achten wir darauf, dass stets genügend Raum und Zeit geboten wird, das Gehörte und Gesehene im Plenum zu besprechen und für die eigene politische Arbeit produktiv zu machen. Die Anarchietage sollen jedoch nicht nur libertären Aktivistinnen und Aktivisten offenstehen. Wir wollen keinen "exklusiven" Anlass, sondern eine offene Plattform, die auch Neugierigen und Kritiker_innen offensteht.
Ein paar Monate älter als die Anarchietage ist die organisierende Gruppe, die Libertäre Aktion Winterthur. Als anarchistische Kommunistinnen und Kommunisten streben wir eine Gesellschaft an, in der sich Menschen als Freie und Gleiche begegnen und deren Wirtschaft nach solidarischen und kooperativen Prinzipien organisiert wird. Von einem solchen Ideal ausgehend, stellen wir uns gegen Staat, Kapitalismus und jegliche Formen der Unterdrückung. Wir sind überzeugt, dass dies nur durch die kompromisslose Zerstörung aller herrschaftlichen Strukturen erreicht werden kann. Unsere Strategie ist die des Klassenkampfes. Wir regen an zu, und solidarisieren uns mit Streiks und Direkten Aktionen von ArbeiterInnen und Angestellten (z.B. Boykott, Sabotage etc.), Protesten und sozialen Revolten von Marginalisierten und Besitzlosen sowie die Selbstorganisierung von Ausgebeuteten und Unterdrückten jeder Art.
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Freitag, 4. November 2011
Ikea-Möbel - Holz aus Urwäldern
Ikea hat auch eine eigene Produktionsgruppe, die Tochterfirma Swedwood. Auch diese Firma ist vom FSC zertifiziert. Und bei einer eigenen Firma, die die ganze Produktionskette vom Fällen der Bäume bis zum fertigen Möbel umfasst, hat es Ikea selbst in der Hand, die Produktion umweltfreundlich zu gestalten.
Swedwood hat mehrere Firmenstandorte in Russland: in Sibirien und in Karelien. Die russische Republik Karelien im Norden Russlands liegt nahe an der finnischen Grenze. Dort gibt es Waldregionen, die noch nie von Menschen genutzt wurden. Es sind Urwälder mit Bäumen, die bis zu 600 Jahre alt und von unschätzbarem Wert für unser Klima sind. Der FSC hat Teile davon als Wälder mit hohem Erhaltungswert, als sogenannte High Conservation Value Forests (HCVF), eingestuft. Hier darf nach FSC-Regeln nur gefällt werden, wenn die Gesamtheit und die Funktion des Waldes erhalten bleibt. Kahlschlag ist hier nicht erlaubt.
Kahlschläge in schützenswerten Wäldern
Swedwood Karelien hat in dieser Region 295.000 Hektar Wald vom russischen Staat gepachtet, darunter auch Wälder mit HCVF-Status. Hier darf Swedwood – und damit Ikea – die Wälder nicht kahlschlagen. Wir wollen uns selbst überzeugen und fahren nach Karelien. Wir müssen nicht lange suchen, um auch in Wäldern mit HCVF-Status Kahlschläge zu finden.
Wir treffen den zuständigen Zertifizierer auf einer Umweltkonferenz in Petrosawodsk, der Landeshauptstadt Kareliens. Er darf nicht mit uns reden. Dafür äußert sich der Organisator der Konferenz, Dr. Aleksandr Markovsky, Leiter der russischen Umweltorganisation SPOK, umso deutlicher: „Dort oben werden Urwälder kahlgeschlagen“, sagt er. „Wenn Ikea so sehr auf Umweltschutz achtet, warum wollten sie dann ausgerechnet dieses Land dort oben pachten, wo bekannt ist, dass es sich um schützenswerte Wälder handelt?“
Der FSC streitet gar nicht erst ab, dass in schützenswerten Wäldern großflächig geschlagen wird. In einer schriftlichen Stellungnahme heißt es: „Tatsächlich schützt Swedwood Karelia bis zu 35 Prozent der Wälder mit hohem Erhaltungswert, das ist mehr als alle anderen Firmen in Karelien.“ Das bedeutet umgekehrt, dass mindestens 65 Prozent der schützenswerten Wälder den Fällmaschinen zum Opfer fallen. Der FSC verweist auch auf ein Ranking der Umweltorganisation SPOK, in dem Swedwood Karelia als eine der umweltfreundlichsten Firmen der Region gelistet wird. „Das stimmt aber nicht, wir haben uns täuschen lassen“, sagt Dr. Aleksandr Markovskj gegenüber plusminus.
Swedwood nutzt moderne Maschinen und Sägetrecker. Diese Maschinen sind aber das Problem: Sie zerstören den feuchten Boden. Sei er einmal von den schweren Maschinen verdichtet worden, erhole er sich nie wieder davon, sagt Professor Heinrich Spiecker, Direktor des Instituts für Waldwachstum an der Universität Freiburg. Für Ikea sei der Wald in Karelien vor allem eine Ressource. „Und Ikea hat die Illusion, dass es in Karelien einfach geht. Es geht aber nicht einfach“, sagt Professor Spiecker. Es würde ihn nicht wundern, wenn Ikea sich aus der Region zurückziehe.
Obwohl der FSC Swedwood Karelia noch Anfang Oktober ein Zertifikat für nachhaltigen Waldbau ausgestellt hat, geht Ikea den Vorwürfen zusammen mit dem FSC nach. Bis die Nachprüfung der Prüfung abgeschlossen ist, wird es keinen Kommentar vonseiten des Unternehmens dazu geben. In einer schriftlichen Stellungnahme heißt es nur: „Sollten die Vorwürfe stimmen, wird Ikea selbstverständlich alle notwendigen Maßnahmen treffen.“
Wie hieß es doch so schön im Ikea-Katalog? „Wer die Welt verändern will, muss bei sich selbst anfangen.“ In Karelien wird eine heile Welt dauerhaft verändert, auch in dem von der Ikea-Tochter Swedwood gepachteten Land.
Quelle:
Dienstag, 18. Oktober 2011
Broschüre: „Die Krise heißt Kapitalismus!“
Im Oktober 2011 erschien in Rahmen der Mobilisierung zur überregionalen antikapitalistischen Demonstration am 5.11. in Freiburg eine Broschüre zur Thematik. Auf 16 Seiten wird die Rolle der G20 beleuchtet, die Auswirkungen dieser Politik und die Gegenbewegung skizziert.
Die Krise heißt Kapitalismus. Anders als es versucht wird darzustellen, ist die Krise längst nicht vorüber. In ihr verschärfen sich die Widersprüche zwischen Lohnarbeit und Kapital und bringen so die wahre Aggressivität des Kapitalismus in seinem ganzen Ausmaß ans Licht. Soziale Errungenschaften werden konsequent zurückgeschraubt, die
Privatisierung in vielerlei Bereichen schreitet weiter voran. In den so genannten „Drittweltländern“ geht der Kapitalismus Hand in Hand mit Hunger, Ausbeutung und Tod. Hinzu kommt eine aggressive Kriegspolitik der NATO-Staaten. Kriege in Libyen, dem Irak oder in Afghanistan werden nicht zum Schutz oder zur Wahrung der Menschenrechte geführt, sondern einzig und allein aus Profitinteressen.
In Zeiten in denen die Krisenhaftigkeit des Kapitalismus stärker zu Tage tritt braucht die herrschende Klasse Institutionen, mit denen sie versucht Krisen und Erschütterungen des globalen Marktes zu verwalten. Aus diesem Grund nahm die Bedeutung aller Art von Gipfeltreffen, bei denen sich die herrschende Klasse der Industrieländer an einen Tisch setzt, um die Welt untereinander aufzuteilen und Ausbeutung zu organisieren, in den letzten Jahrzehnten zu. Durch die anhaltende Legitimationskrise der G8, welche als zu offensichtlich undemokratisch wahrgenommen wurde und die Notwendigkeit der Industriestaaten ihre ausbeuterische Politik auch in Schwellenländern mit hohem Wirtschaftswachstum zu koordinieren, wird die G20 das vorrangige Instrument mit dem versucht wird die Welt im Sinne des Kapitals zu strukturieren.
Doch auch dem Protest und Widerstand gegen Institutionen, die Hunger, Kriege und Ausbeutung verwalten und organisieren kommt in Zukunft wieder eine größere Bedeutung zu. Uns als Kommunisten und revoulutionären Linken kann nicht daran gelegen sein, an diese Institutionen zu appellieren und reformistische Forderungen zu stellen. Es ist unsere Aufgabe, uns im Sinne der internationalen Solidarität und des Klassenkampfes entgegenzustellen. So soll diese Broschüre die Folgen der kapitalistischen Globalisierung aufzeigen und zum Widerstand dagegen mobilisieren.
Broschüre „Die Krise heißt Kapitalismus!“ als PDF [10,5 MB]
Herausgeberinnen:
Kampagne „no g20 – Die Krise heißt Kapitalismus“
Kontakt: www.no-g20.tk | no-g20@riseup.net
Auflage: 750 Exemplare | Selbstkostenpreis
Bezug über www.no-g20.tk
Erscheinungsdatum: Oktober 2011
Erstellt von:
Antifaschistische Linke Freiburg (ALFR)
Antifaschistische Linke Bühl-Achern (ALBA)
Gruppe 76 Rastatt/Murgtal
Stuttgart / Tübingen / Reutlingen: Versammlungsrechtliches Nachspiel wegen Dresden
angeblicher Verstöße gegen das in Sachsen gekippte Versammlungsrecht gerazzt.
Nun kommen weitere Kriminalisierungsversuche in Reutlingen und Tübingen dazu.
Solidarisiert Euch!