„Gruppe 99, letzte Reihe“
racethebreeze - 9. Apr, 16:05
* Auseinandersetzungen wegen Versammlungsverboten und Meldeauflagen
* Polizei provoziert auf Camp in Strasbourg
Während der Aufbau des Widerstandscamps in Strasbourg beinahe abgeschlossen ist,
beginnt für die Protestvorbereitung die heiße Phase. Mehrere Hundert AktivistInnen
aus verschiedenen Ländern sind bereits in der Stadt.
Morgen findet auf dem Camp nach einem Blockadetraining eine Pressekonferenz der
Gruppe "Nato geht baden" statt, auf der über am Freitag geplante Aktionen in
Baden-Baden berichtet wird.
Die Versammlungsbehörde in Karlsruhe hatte vergangene Woche Auflagenbescheide
verschickt und die Demonstrationsroute sowie einen Infopunkt nicht wie angemeldet
genehmigt.
Die OrganisatorInnen kritisieren den Bescheid als "komplette Ausserkraftsetzung des
Demonstrationsrechtes". Der Infopunkt sei zu nah an der "Protokollstrecke" und von
Hochwasser gefährdet. Die Polizei behandle die Vorbereitungsgruppe wie eine
"kriminelle Vereinigung".
"Nato geht baden" verschickt heute ein Schreiben an französische und deutsche
Grenzbehörden, in dem ein reibungsloser Grenzübertritt nach Strasbourg im Anschluß an
die Proteste in Baden-Baden gefordert wird.
Die Route der gemeinsamen Abschlußdemonstration am Samstag in Strasbourg ist
ebenfalls weiter strittig. Ginge es nach der Präfektur, soll der Aufzug stadtauswärts
durch menschenleeres Industriegebiet führen.
Auch die für heute in Freiburg angekündigte, unangemeldete Großdemonstration ist mit
hohen Auflagen versehen worden. In einer an "alle Personen, die an einer nicht
angemeldeten Versammlung teilnehmen wollen" gerichteten "Allgemeinverfügung"
versucht die Polizei etwa das Mitführen von "Jongleurkeulen, Keulen, Fackeln" zu
untersagen. Auf mehreren Webseiten wird indes munter weiter zur Demonstration
mobilisiert.
Im Raum Stuttgart hat die Polizei erneut Meldeauflagen gegen potentielle
DemonstrantInnen verhängt. Mehrere Personen erhielten ein Schreiben des "Amts für
öffentliche Ordnung", in dem unter Androhung einer Geld- oder Gefängnisstrafe bis zu
einem Jahr untersagt wird, sich in den nächsten Tagen im Gebiet von Karlsruhe bis
Strasbourg aufzuhalten.
Außerdem sollten sie sich täglich bei einem Revier oder einer "ähnlichen behördlichen
Einrichtung" melden.
Die vermeintliche Gefährlichkeit der Betroffenen wird über ihre "Angehörigkeit zu
legalen, offenen politisch-kulturellen Vereinsstrukturen der Linken in Stuttgart"
begründet, schreibt die Solidaritätsorganisation Rote Hilfe.
Ihr Protest soll unterbunden werden, anderenfalls würde "das internationale Ansehen
und die Glaubwürdigkeit der Bundesrepublik Deutschland [...] erheblichen Schaden
nehmen, wenn der Eindruck entstünde, es würde nichts unternommen, um Radikalismus und
Vandalismus auch grenzüberschreitend zu unterbinden".
Am Mittwoch wird das Camp in Strasbourg mit einer Demonstration offiziell eröffnet.
Unter dem Motto "Solidarische Parade gegen den Sicherheitszirkus" wird die
fortschreitende Verzahnung innerer und äußerer Sicherheit und die Rolle der NATO
darin kritisiert.
Protestiert wird auch gegen die Abschottung der Innenstadt und die hohen
Einschränkungen für EinwohnerInnen der Städte Baden-Baden, Kehl und Strasbourg. Die
Parade beginnt um 13.30 Uhr am Rond point de l'esplanade und führt entlang der "Roten
Zone".
Am Abend finden im "Convergence Centre" Molodoi mehrere Veranstaltungen zum gleichen
Thema statt.
Gestern Nacht hatten sich die TeilnehmerInnen des Camps in Strasbourg erfolgreich
gegen Provokationen der Polizei gewehrt. Zwei Zivilfahrzeuge befuhren die zum Zelten
vorgesehenen Wiesen und wurden in einer entschlossenen Aktion kurzerhand vertrieben.
In den darauffolgenden Stunden näherten sich mehrfach weitere Fahrzeuge der Polizei,
in einer Seitenstraße wurden Kräfte in Kampfausrüstung positioniert.
Gegen die Kriminalisierung der Anti-Nato-Mobilisierung!
Gegen Meldeauflagen und Einschüchterungsversuche!
Städtische Ämter und Polizeibehörden ziehen in Stuttgart an einem Strang beim Versuch, den Mobilisierungen gegen das NATO-Jubiläums-Treffen in Straßburg/Kehl/Baden-Baden (3./4.4.09) durch Einschüchterungsmaßnahmen den Wind aus den Segeln zu nehmen.
So haben nun mehrere Menschen aus dem Raum Stuttgart vom Amt für öffentliche Ordnung für die Tage des NATO-Gipfels Meldeauflagen bekommen. In den entsprechenden Schrieben wird ihnen unter Androhung einer Geld- oder Knaststrafe bis zu einem Jahr untersagt, sich in den entsprechenden Tagen im Gebiet von Karlsruhe bis Straßburg aufzuhalten. Außerdem seien sie dazu verpflichtet, sich täglich bei einem Revier oder ähnlichen behördlichen Einrichtungen zu melden.
Als Begründung dieser Schikanen dient ein geradezu skurriles, wie auch gefährliches Sammelsurium an Behauptungen und Diffamierungen. Einmal wird die vermeintliche Gefährlichkeit der Betroffenen über deren Angehörigkeit zu legalen, offenen politisch-kulturellen Vereinsstrukturen der Linken in Stuttgart begründet. Ein anderes Mal über die Personen, mit denen sie in einer Wohngemeinschaft wohnen. Letztlich werden alle möglichen linken Bündnisse und Organisationsstrukturen in Stuttgart gleichgesetzt und als ein Knäuel von quasi Berufs-Gewalttätern dargestellt .
"Radikalen Umtrieben von Personen, die im Bundesgebiet leben, [würde] im Ausland ein besonderes Gewicht beigemessen", angeblich vor allem "im Hinblick auf das belastete historische Erbe Deutschlands". So soll laut Begründung des Amts für öffentliche Ordnung beispielsweise "das internationale Ansehen und die Glaubwürdigkeit der Bundesrepublik Deutschland [...] erheblichen Schaden nehmen, wenn der Eindruck entstünde, es würde nichts unternommen, um Radikalismus und Vandalismus auch grenzüberschreitend zu unterbinden."
Das Amt für öffentliche Ordnung hat sich damit ein Mal mehr als willfähriger Diener des polizeilichen Staatsschutzes betätigt. So willkürlich und angreifbar die in Worte gegossenen Staatsschutzphantasien auch sind, es ist kaum davon auszugehen, dass bis zu den Aktionstagen gegen den NATO-Gipfel ein - dann hoffentlich negativer - Bescheid durch das Verwaltungsgericht Stuttgart ergeht. Ein Zeitfaktor, der von den UrheberInnen sicherlich mit eingeplant wurde. Die Betroffenen werden dessen ungeachtet mit juristischen Mitteln gegen die Meldeauflagen vorgehen, wobei die Rote Hilfe sie unterstützt.
Erst vor einigen Tagen wurde in Stuttgart eine Hausdurchsuchung bei einem Jugendlichen durchgeführt (siehe www.bunte-hilfe.de.am). Angebliches Plakatieren diente nicht nur für die Durchsuchung selbst, sondern auch für die Beschlagnahmung zahlreicher persönlicher Gegenstände vor Ort. Weitere Jugendliche, die am selben Abend im Stadtgebiet Stuttgart-Süd angetroffen wurden, wurden kontrolliert, befragt und teilweise auf die Wache geschleppt. Die gezielten Nachfragen der Cops legen es nahe, dass auch diese Repression sich gegen die Anti-NATO-Mobilisierung richtete, in deren Zug vermehrt Plakate und Sprühereien im Stuttgarter Stadtbild auftauchten.
Solltet Ihr von weiteren Meldeauflagen und ähnlichen Repressalien im Zusammenhang mit dem NATO-Gipfel wissen oder selbst betroffen sein: wendet euch an die Rote Hilfe-Ortsgruppe in eurer Nähe!
Unterstützen wir die Betroffenen! Gegen Meldeauflagen und Behördenwillkür!
Schluss mit Kriminalisierung und Einschüchterungsversuchen gegen linken Widerstand!
Rote Hilfe e.V. - Ortsgruppe Stuttgart
stuttgart@rote-hilfe.de
www.rote-hilfe.de
www.bunte-hilfe.de.am
Nachdem ein Wiener Blogger die goldene AK47 von Saddam Hussein geerbt hat, spricht eigentlich nichts dagegen, sich selber auch zu bewaffnen. Zumal man sich die Ballermänner via Internet sogar in Deutschland problemlos bestellen oder ausdrucken kann.Bauanleitungen via Internet findet man ebenfalls:
(...) Das Dilemma für die Gipfelorganisatoren besteht neben der Unkalkulierbarkeit der Proteste vor allem darin, inwieweit die von dem umfangreichen Demokratiekahlschlag eigentlich betroffene Masse der Bevölkerung diese Angriffe auf ihre demokratischen Rechte erkennt. Und welche Schlußfolgerungen daraus gezogen werden. Der Bogen der Ausnutzung zum Beispiel der Notstandsgesetze kann hier wie auch in Frankreich nicht beliebig überspannt werden: Die hinter der Fassade der bürgerlichen Demokratie steckenden tatsächlichen Herrschaftsstrukturen sollen möglichst weiter im Hintergrund agieren können. Dies insbesondere deshalb, weil angesichts der sich weiter verschärfenden Weltwirtschaftskrise unausweichlich soziale und ökonomische Proteste zu erwarten sind, auf die sich die herrschenden Klassen ebenfalls vorbereiten. (...)Meineswegen muss der Gipfel nicht stattfinden...
Gräfenberg wird am kommenden Wochenende wieder in das Fadenkreuz der Neonazis genommen. Ehemalige Mitglieder der 2004 vom Bayerischen Innenministerium verbotenen "Fränkischen Aktionsfront" um den Ebermannstädter Neonazi Lutz Passon haben für Samstag, 28. März 2009, 14 Uhr einen Aufmarsch angekündigt. Diese erneute Provokation - es ist der 37. Aufmarsch von Rechtsextremisten seit November 2006 - beantworten die politischen Ortsverbände Gräfenbergs und das Bürgerforum mit einer Protestveranstaltung. Sie bitten die Vereine, Gruppen und die Bevölkerung Gräfenbergs und der Metropolregion Nürnbergs, den demokratischen Protest ab 14 Uhr auf dem Gräfenberger Marktplatz zu unterstützen - die Veranstaltung steht unter dem Thema "Denkhilfetag für Neonazis".
Dass es den Rechtsextremisten nicht etwa um ein Gedenken an die gefallenen Soldaten geht, sondern um eine Verehrung der NS-Wehrmacht und der nationalsozialistischen Ideologie, wurde erst kürzlich durch die Verurteilung von Matthias Fischer, der die meisten Aufmärsche in Gräfenberg in der Vergangenheit angemeldet hat, offenkundig: Das Amtsgericht Forchheim verurteilte ihn und einen seiner sogenannten "Kameraden" zu einer Geldstrafe wegen der Verherrlichung des Naziregimes. "Die Aufmärsche der Neonazis sollen die Bevölkerung einschüchtern und dazu beitragen, rassistisches Gedankengut auf die Straße zu tragen und zu mobilisieren", so das Bürgerforum Gräfenberg. Dramatisch ist, dass es den Rechtsextremisten gelingt, zunehmend junge Menschen anzusprechen. Ein entschiedener Bürgerprotest soll deutlich machen: Wer den Nazis nachläuft, hört auf, ein freier Mensch zu sein, denn der Gleichschritt der Ideologie der Nazis verträgt sich nicht mit freiem und demokratischem Denken. Die primitiven Parolen der Rechtsextremisten verletzen die moralischen Grundlagen unseres Zusammenlebens in einer freien, demokratischen und pluralen Gesellschaft. Das Bürgerforum Gräfenberg bittet um Wortbeiträge im Rahmen der Protestveranstaltung. Wie immer wird ein demokratisches Podium installiert, das unterschiedlichen politischen Gruppierungen die Möglichkeit eröffnet, ihre Perspektive auf rechtsextremistische Umtriebe, ihre Ursachen und Folgen, darzustellen. Es soll deutlich gemacht werden: Unsere Gesellschaft wird kein zweites Mal tatenlos das Erstarken einer rassistischen Bewegung hinnehmen.