Dienstag, 3. März 2009

Friedliebende des Monats

Hier einige Zitate aus dem Protokoll der Plenarsitzung des Landtags Baden - Württemberg am 11.2.2009:

Redner: Innenminister Heribert Rech:
(...)
Bevor ich den Bereich „Innere Sicherheit“ verlasse, möchte ich dem Kollegen Kluck und dem polizeipolitischen Sprecher meiner Fraktion und den beteiligten Arbeitskreisen ausdrücklich dafür danken, dass wir für die Polizei nicht nur Mittel und Personal zur Verfügung stellen, sondern auch rechtliche Handlungsrahmen.
Da ist die Novellierung des Polizeigesetzes, glaube ich, ein gutes Beispiel dafür, wie man nach langen, guten, intensiven Verhandlungen auch zu guten Ergebnissen unter Koalitionspartnern kommen kann,

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

egal, ob letztlich mit oder ohne Onlinerecherche. Die Praktiker
sagen, dass sie das brauchen. Ich habe mir berichten lassen, dass es im letzten Jahr nur ganz wenige Fälle gewesen seien. Aber das klammere ich jetzt einmal aus, um den Erfolg, dass wir ein neues, novelliertes Polizeigesetz haben werden, nicht zu zerreden.

Gleiches – das prophezeie ich diesem Haus – wird beim neuen Versammlungsrecht, beim neuen Demonstrationsrecht geschehen.
Auch da werden wir mit dem Koalitionspartner – da bin ich mir ganz sicher – zu optimalen Ergebnissen kommen.

Das zeichnet sich bereits jetzt nach ersten Gesprächen ab.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Deswegen keine Sorge. Wir werden der Polizei das, was sie braucht, an die Hand geben.

(...)

Wenn ich Sätze lese wie diesen: „Auch von Polizei geht Gewalt aus“,

(Abg. Thomas Blenke CDU: Das ist unglaublich! – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Unglaublich!)

dann lade ich diejenigen, die dies von vornherein prophezeien, herzlich ein, einmal die Videos anzusehen, die in Heiligendamm und bei den Straßenschlachten in Rostock gedreht wurden.

(Abg. Thomas Blenke CDU: Das werden wir im Innenausschuss
machen!)

Dann sehen sie sehr genau, dass von der Polizei keine Gewalt
ausgeht, sondern dass die Polizei alles daransetzt, Gewalt einzudämmen.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: So ist es! Jawohl! Bravo!)

Hagen Kluck, FDP

(...)
"Wir Liberalen, meine Damen und Herren, wollen einen wehrhaften Staat, der Leben, Unversehrtheit und Eigentum seiner Bürgerinnen und Bürger schützt, ohne dabei ihre Freiheitsrechte einzuschränken. Wie sagte schon Theodor Heuss – Sie wissen ja: der erste Parteivorsitzende der FDP in der Bundesrepublik Deutschland und spätere Bundespräsident –: „Die äußere Freiheit der Vielen lebt aus der inneren Freiheit des
Einzelnen.“ Man kann die Freiheit nicht verteidigen, indem man sie abschafft. Die FDP/DVP ist diesem Grundsatz beim Polizeigesetz treu geblieben. Wir beachten ihn beim Versammlungsgesetz. Wir werden ihn durch einen effektiveren Datenschutz untermauern"
(...)


Macht euch bereit für die Notfallproteste! Macht euch bereit für die Notfallproteste!

Die Angst des Staates vor den Massen - Niederhalten der Bewegung durch Spaltung und durch Vorschriften

Seit es die Bundesrepublik gibt, proklamierte sie sich selbst als das Organ aller ihrer Bürgerinnen und Bürger. Zugleich hatte sie die größte Angst vor ihren Willensäußerungen, wenn diese nicht vorher kanalisiert und gefiltert worden waren.

So wurde - im Gegensatz zu allen andern halbwegs parlamentarischen Gemeinwesen - das Grundgesetz allein vom Parlamentarischen Rat abgesegnet, nie aber einer Volksabstimmung unterworfen. Als es um die Wiederbewaffnung ging, wurden versuchte Abstimmungen darüber unter den Bürgern vom Verfassungsgericht verboten. Auch die Wiedervereinigung wurde - nach einem der wenigen guten Witze von Habermas - von Herrn Schäuble als Innenminister und Herrn Krause als seiner Zweitausführung in der DDR in der Einzahl ausgehandelt. Riesige Demonstrationen - zum Beispiel die in Bonn gegen den Raketen-Doppelbeschluss - wurden von Helmut Schmidt souverän weggewischt.

Fazit also: der Rechtslage nach waren die Massen seit Gründung der Republik zum Hinhören und Maulhalten prädestiniert.

Soweit das Recht. Wie es aber durchdrücken?

Die gesetzlichen Bestimmungen und gerichtlichen Entscheidungen sind das eine. Wie die Erfahrungen anderer Länder gezeigt haben, reicht das Gesetz auf dem Papier nicht aus. Es muss auch durchgesetzt werden. Das unfehlbare Mittel zu diesem Zweck: Spaltung.

Bekanntes Beispiel von 1973: Das Kernkraftwerk Brokdorf sollte von Staats wegen gegründet gegründet, von Volks wegen verhindert werden. Die Stimmung war geschlossen für: KKW – Nein Danke! Da gelang es, die Bewegung auseinanderzudividieren: die Anständigen sammelten sich - unter Dutschkes und der Frühgrünen Zuspruch - weit vom Schuss in Itzehoe und trällerten laut, entschlossen und folgenlos. Andere machten sich über die Marschen auf den Weg nach Brokdorf – und kamen gegen die Polizei nicht an. Spätere Greuelbilder von Behinderungen in Gemengelage: Polizist im Wassergraben. SPIEGEL und STERN schärften dem Publikum ein: die Stürmer waren auch die Gewalttäter. Vielen gruselte es pflichtmäßig und die KKWs wuchsen weitgehend unbehelligt.

Gegenbeispiel Wyhl: die dortigen Bauern und Winzer plus städtischer Zuzug waren recht kampfentschlossen. Späth und Filbinger taten gut daran, rechtzeitig den Hubschrauber zu erklimmen. Sie ließen sich nicht als Gewalttäter und Peaceniks gegeneinanderhetzen - und gewannen.

Noch einmal die Ära der Berufsverbote. Diese trafen ja real nur einige hundert, dem Verdacht nach tausende. Lähmten aber die Gewerkschaften vollkommen, vor allem solche, die meinten, sie müssten dem Staat zuvorkommen, bevor das Urteil der Gerichte gesprochen war. Die Ausschlüsse hinterließen einen allgmeinen Einschüchterungseffekt. Die Ausschlüsslinge hatten eine heftige Tendenz für den politischen Streik. Prompt hielten tausende die Klappe, die diese Tendenz geteilt hatten, ohne große Sympathien für DKP und KBW. Es dauerte nicht lange, und das Votum für einen spontanen Streik galt als untrügliches Zeichen für Linksabweichung- Mit Kaltstellung. Und so wurden mächtige Gewerkschaften zu den Jammerlappen und Bettvorlegern, die sie heute allzu oft darstellen.

Spaltung verstärkt Unterdrückung.

Was heißt das für die Situation heute?

Vielen dürften noch die Ereignisse im Vorfeld des G8-Gipfels in Heiligendamm im Gedächtnis sein, als prophylaktisch Razzien bei etlichen Privatpersonen, Aktionsbüros und Hausprojekten durchgeführt wurden. Dass dies keine rechtliche Grundlage hatte, belegt unter anderem der Kommentar eines damaligen Ermittlers, der zum SPIEGEL meinte: "Wir haben in den Busch geschossen, nun sehen wir weiter, was und wer sich dort bewegt."

Beim eigentlichen Gipfel kam es dann während der zenralen Großdemonstrationen zu Unbotmäßigkeiten. Warum, wieso, weshalb und ob diese dumm, klug, verständlich oder sinnlos waren, lässt sich an dieser Stelle nicht kurz genug beantworten. Die abgegebenen Statements direkt oder kurz nach der Demonstration verdeutlichen aber, dass sich wieder mal eine Bewegung auseinanderreißen ließ. Bereits einen Tag nach den Ereignissen war es Peter Wahl von Attac möglich, sich eine differenzierte Übersicht über die Vorkommnisse zu machen. Er teilte die DemonstrantInnen in „friedliche“ und in „gewalttätige“ und spielte so locker flockig das alte Spiel der Reaktion mit.

Nun steht mit dem NATO-Gipfel wieder ein Großereignis ins Haus. Die Vorbereitung der Herrschenden ist mehr als deutlich – momentan wird ernsthaft in Betracht gezogen, vorübergehend Grenzkontrollen wieder einzuführen. Und dann gibt es natürlich passend zur Veranstaltung bald ein neues Versammlungsgesetz, das sich allerdings im Wesentlichen nicht durch neue besonders abscheuliche polizeiliche Möglichkeiten auszeichnet. Vielmehr werden größtenteils längst übliche Praxen qua Gesetz legitimiert. Dieses soll wieder einmal mögliche Massen zu allererst mit sich selbst beschäftigen lassen - kurzfristig für den NATO-Gipfel, aber auch mittelfristig. In Niedersachsen wird gerade ein ähnliches Gesetz auf den Weg gebracht, in Bayern gibt es das schon, weitere Länder werden voraussichtlich folgen.

Erfreulicherweise regt sich in Baden-Württemberg Widerstand, der vor allem bei erfolgreichen Demos in Mannheim, Stuttgart und Freiburg sichtbar wurde. Es bleibt aber zu befürchten, dass es bei möglichen Abweichungen vom vorgeschriebenen Pfad zu ähnlichen Szenen und Diskussionen innerhalb der Linken kommt. Das deutet sich bereits im Vorfeld an, die Gewaltfrage taucht allerorts auf – und einige Gruppierungen steigen aus den Bündnissen aus.

Dabei sollte doch langsam allen Beteiligten klar sein, mit wem wir es zu tun haben und zu welchen Mitteln von Staats wegen gegriffen wird. Das Prinzip ist seit Jahrzehnten dasselbe. Wir dürfen uns von den Teilungs- und Einschüchterungsversuchen nicht entmutigen lassen. Wir werden geschlossen und vor allem entschlossen für Veränderungen kämpfen.

Quelle: StattWeb

via trueten.de
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