Sonntag, 17. Juni 2007

Der lange Schatten der G8- Repression

Der lange Schatten der G8- Repression

DER LANGE SCHATTEN DER G8- REPRESSION

Der G8-Gipfel in Heiligendamm ist vorbei und war sicherlich in vielen Punkten ein Erfolg für die Linke in Deutschland. Zehntausende Menschen beteiligten sich an zahlreichen Aktionen zu verschiedenen Themen wie Migration, Ökologie und Krieg und griffen symbolisch die Verwalter des weltweiten kapitalistischen Ausbeutungssystems an. Wie zu erwarten ging dies mit einem massiven Schaulaufen des hochgerüsteten Polizeiapparates einher und nun steht uns eine Phase bevor, in der wir gemeinsam solidarisch diejenigen unterstützen müssen, die stellvertretend für den gesamten Protest kriminalisiert werden.

Die Zeichen standen auf Krieg...

Die Eskalation zum G8- Gipfel wurde staatlicherseits gezielt gesucht. Sie begann mit Hausdurchsuchungen in München und Nürnberg lange vor dem Gipfel, es folgten die Razzien in Hamburg und Berlin, schliesslich kamen in Heiligendamm Agents provocateurs (Zivilbeamte, die militante Auseinandersetzungen und Festnahmen provozieren) zum Einsatz und Hundertschaften übten sich kräftig im Knüppelschwingen. Wenn erkennbare AnwältInnen des „Legal Teams“ weggestossen und beschimpft, JournalistInnen vermöbelt wurden, so ist leicht zu erahnen, wie der Umgang mit „gewöhnlichen“ AktivistInnen aussah. Die Stimmungsmache zum G8 ist sicherlich auch ein Schulbeispiel für die Funktionsweise und Manipulation der bürgerlichen Medien. Wahlweise wurden die Proteste im Vorneherein lächerlich gemacht oder Panik geschürt, es folgte die Hetze nach den Auseinandersetzungen in Rostock inklusive Fälschung der TeilnehmerInnenzahlen der Demo, der Zahl der Verletzten etc. Wer sich ein Bild zu all diesen Aspekten verschaffen will sei v.a. auf die Internetseite www.gipfelsoli.org verwiesen.

Heiligendamm und Stuttgarter Nachwehen

Die Presse zögerte auch nicht die ersten Verurteilten aus Schnellgerichtsverfahren zu präsentieren. Darunter einen Stuttgarter, der zehn Monate ohne Bewährung bekam und gegenwärtig auf Kaution bis zur Berufungsverhandlung frei ist. Einzige „Beweise“ gegen ihn: die Aussage von zwei BeamtInnen, die ihn beim Steine werfen beobachtet haben und ihn an seinem Äusseren wiedererkannt haben wollen. Paradoxerweise wird der Betroffene dem vermummten schwarzen Block zugerechnet. Im Schnellgerichtsverfahren verfügt man u.a. über kein Anrecht auf anwaltliche Verteidigung. Der Prozessablauf ist eine Farce, die alleine dazu dient, möglichst schnell ein abschreckendes Exempel zu statuieren. Dass der Betroffene von Hetzblättern wie der „Bild“ als der „Steinewerfer“ von Rostock mit Foto und namentlich präsentiert wird kann den Repressionsorganen nur recht sein. Nun gilt es Gegenöffentlichkeit zu schaffen und den Betroffenen bei seinem Berufungsverfahren zu unterstützen.
Zwei Personen aus Stuttgart wurden in Heiligendamm zudem bei einer der zahlreichen Personalienkontrollen festgenommen und in Unterbindungsgewahrsam gesperrt. Begründung: es gehe eine Gefahr von ihnen aus. Dafür wurde u.a. eine Fahne zu einem Knüppel umgedeutet, zudem heisst es in der Begründung z.B. lapidar, dass ein Betroffener aufgrund seines Äusseren vermuten lasse, dass er gewaltbereit sei. Ausserdem habe er sich über einen Platzverweis hinweggesetzt, den er de facto nie erhalten hat.
Einer der Betroffenen wurde in den Knast Güstrow verfrachtet, wo er bis zu seiner Freilassung in Hunger- und Durststreik trat, ohne dass die Polizei ärztliche Hilfe rief oder ihn über seinen weiteren Verbleib aufklärte.
Der andere Genosse wurde mit weiteren Gefangenen nach mehreren Zwischenstationen und langer Odyssee (u.a. ohne Trinken mehrstündig im Sammeltransport in der prallen Sonne) gar bis nach Lübeck verlegt. Dort endete seine Reise in einer Einzelzelle im Hochsicherheitstrakt der JVA Lübeck Die Bedingungen: 23 Stunden Einschluss in Knastkleidung, Hofgang mit Hand- und Fussfesseln und in Begleitung von mehreren Beamten. Auch hier trat der Betroffene in einen Hungerstreik, ohne dass sich die Behörden darum gekümmert hätten. Er wurde nicht über seinen weiteren Verbleib aufgeklärt, noch wurde irgendjemand über seine Verlegung informiert. Er selbst konnte erst seine GenossInnen darüber informieren, als er nach vier Tagen frei kam.
Neben diesem besonders krassen Vorgehen, das wie der gesamte Polizeieinsatz selbst in Heiligendamm die vielbeteuerte Rechtstaatlichkeit zur reinen Imagemakulatur verkommen lässt, fängt nun der typisch deutsche bürokratische Kriminalisierungsapparat an zu arbeiten. Die Auswertung der Filmaufnahmen, Beschlagnahmungen etc. wird sicherlich noch manches Zahnrad in der Repressionsmaschinerie zum Laufen bringen. Kaum eine Woche nach dem Gipfel sind in Stuttgart die ersten Briefe der KriPo Rostock angekommen. Darin werden die angeschriebenen unter Androhung einer Geldbusse dazu aufgefordert, ihre Personalien schriftlich anzugeben, weil eine Ermittlung gegen sie laufe. Zudem können freiwillige Angaben zur Sache gemacht werden. Wir werten diese Briefe –die sicherlich bundesweit verschickt werden- als Versuch, abzutasten, wer sich bereits auf dieser Ebene zur Kooperation bereit zeigt. Die Angaben zur Person sind den Cops bekannt, schliesslich konnten sie die Briefe ja auch namentlich und mit Adresse zustellen.

Und nun?

Wie immer gilt: keine Kooperation mit dem Staatsschutz und den Cops! Wenn ihr Briefe bekommt und/oder von Repression betroffen seit, wendet euch zunächst an eure lokale Antirepressionsgruppe!
Unterstützen wir gemeinsam die Betroffenen!
Schafft Gegenöffentlichkeit und spendet Kohle für anstehende Prozesse!

Bunte Hilfe Stuttgart
www.bunte-hilfe.de.am
buntehilfe@gmx.net
Postbank Stuttgart; BLZ 600 100 70, Kto.-Nr. 37242702
Macht euch bereit für die Notfallproteste! Macht euch bereit für die Notfallproteste!

7. Juli Frankfurt - No Go Area fuer Nazis

Macht euch bereit für die Notfallproteste! Macht euch bereit für die Notfallproteste!

Les Coquelicots de Heiligendamm

Zuerst bin ich über die amazonas Box auf die zeitgemäße Version des bekannte Bildes "Coquelicots" von Claude Monet gestoßen. Das tolle Bild stammt von der Kommunikationsguerilla, zu den verschiedenen Lesarten des Bildes gibt es einen lesenswerten Kommentar mit einigen Verweisen dazu.
Quelle: contrast.org
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